Die maximale Verniedlichung

Ist das noch ein Baby oder schon ein Kuscheltier? Unsere Leserin wundert sich darüber, warum Eltern ihren Kindern Kopfbedeckungen mit Tieröhrchen anziehen. 

Illustration: Serge Bloch

»Immer häufiger sieht man kleine Kinder oder Babys, auf deren Kopfbedeckung Tierohren sind, wie von Teddybären, Hunden oder Katzen. Wenn das Oberteil dann noch aus kuscheligem Teddyplüsch ist, frage ich mich: Wollen die Eltern eigentlich ein Kind oder lieber ein niedliches Kuscheltierchen auf dem Arm haben? Beziehungsweise: Warum müssen Kindermützen oder Kinderkapuzen Ohren haben?« Cornelia S., Stuttgart

Es gibt einen gezeichneten Cartoon, auf dem Micky Maus ohne seine berühmten Ohren zu sehen ist. Er hat sie abgenommen wie eine Mütze, und da­runter kommt – in der Fantasie des Cartoonisten – ein Männlein mit menschlichen ­Ohren und deutlichem Haarverlust zum Vorschein. Am Gesicht ist sonst nichts verändert, er hat die Mäusenase mit der schwarzen Schnauze und lacht, doch ohne Micky-Maus-Ohren sieht die Figur traurig aus.

Es ist einfach so: Runde Tierohren machen jung und niedlich. Die Damenmode machte sich diesen Umstand zwischen 2010 und 2014 zunutze, als mehrere Designer Tier­ohren in ihre Kollektionen aufnahmen. Damals konnte man etwa Beyoncé mit Micky-Maus-Ohren sehen, Khloe Kardashian mit Leopardenohren und Victoria Beckham mit Hasenohren von Comme des Garçons – ­alles an karnevalsfremden Tagen. Warum aber – denn Ihre Beobachtung ist ja völlig richtig – setzt man sie Wesen auf, die von Natur jung und niedlich sind? Ich habe ­diese Frage an eine Frau weitergereicht, die von Berufs wegen mit Tierohr-verbrämter Babykleidung zu tun hat, Zamin Derafshi von der Berliner Boutique Fête des Enfants. Sie sagt, der Trend diene allein der maximalen Verniedlichung – und alles mit Tier­ohren verkaufe sich gut. Die Zielgruppe ist null bis drei Jahre alt, am besten laufen ­runde Ohren. Sie erinnert sich, selbst als ­kleines Mädchen in den Neunzigern eine Kapuzenjacke mit Ohren getragen zu haben, beziehungsweise erinnert sie ein Foto da­ran, aber damals waren Kinder mit Tier­ohren noch eine exotische Ausnahme, nicht, wie heute, mehr oder weniger die Norm.

Derafshi macht auf noch etwas aufmerksam: Ein Babystrampler sei ein Babystrampler, da gebe es vom Schnitt her nicht viel Variation. Für Abwechslung müssen da ­Drucke und Applikationen sorgen. »Und neben Blümchen, Sternen, Herzchen, Obst, Gemüse und Tieren, was bleibt da schon?«