Sundowner oder Hausfriedensbruch?

Ist es okay, Tische und Stühle einer Wirtschaft an deren Ruhetag zu nutzen und dort Mitgebrachtes zu verzehren?

Illustration: Serge Bloch

»Seit vielen Jahren nutzen wir den kleinen Wirtsgarten einer Kleingartenanlage als Treffpunkt unter Freunden zu einem Sundowner – oft auch zum Essen. Montags hat die Gaststätte Ruhetag, aber neulich wollten wir an einem Montagabend die letzten Sonnenstrahlen des Tages bei einem kühlen ­Getränk nutzen. Getränke und Gläser hatten wir selbst mit­gebracht. Selbstverständlich haben wir beim Verlassen die ­leeren Flaschen wieder eingepackt, den Tisch abgewischt und die Stühle ordentlich unter den Tisch geschoben. Nichts­destotrotz stellt sich uns die Frage, ob wir moralisch korrekt gehandelt haben.« Irene K., München

Rein rechtlich haben Sie Haus­friedensbruch begangen. Der diesbezügliche Paragraf im Straf­gesetzbuch sagt, dass Sie dafür mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit einer Geldstrafe belegt werden könnten. ­Allerdings ist Hausfriedensbruch ein Antragsdelikt. Das bedeutet: Wenn niemand es anzeigt, wird auch nichts bestraft. Die Rechtsanwältin Verena Dusik aus Nürnberg, in rechtlichen Angelegenheiten unter anderem im Gastronomie- und Veranstaltungsbereich tätig, würde Ihnen eigentlich dazu raten, mit dem Eigentümer der Gaststätte Kontakt aufzunehmen und ihn direkt zu fragen, ob er etwas dagegen hat, dass Sie seine Geschäftsräume gelegentlich privat nutzen. Er hat das Hausrecht. Immerhin sind Sie Stammgäste, er kennt Sie also ­möglicherweise sogar. »Es kann allerdings gut sein, dass er etwas dagegen hat«, sagt ­Dusik. Denn: Was, wenn etwas passiert? ­Ihnen – oder der Einrichtung? Wessen Versicherung käme dafür auf?

In Berlin, wo ich wohne, haben viele Gaststätten neuerdings wegen Personalmangels sonntags und oft auch montags geschlossen. Die Stühle für den Außenbereich stehen dann angekettet draußen, damit sie niemand mitnimmt. Ob man sich dann mit seiner Pizza vom Imbiss nebenan oder seinem bescheuerten To-go-Kaffeebecher kurz hinsetzt oder penibel das Recht achtend ­daneben stehen bleibt, muss jeder für sich selbst entscheiden. Rechtlich ist das Sitzen, wie wir gesehen haben, nicht korrekt. ­Moralisch lässt sich vielleicht die Linie vertreten, dass es diesen Austausch hier nie gegeben hat. Sie haben nie gefragt. Sie wissen von nichts. Niemand weiß überhaupt irgendetwas. Das Leben ist schön, es ist Sommer. Und wenn Sie während der Öffnungszeiten in dieser Gaststätte etwas trinken oder essen, lassen Sie ein besonders gutes Trinkgeld da.