Ich kann verstehen, dass Menschen mit Kühlschränken reden. Unter den Haushaltsgegenständen sind sie das Gerät mit der stärksten Persönlichkeit. Die meisten haben Klasse. Meiner nicht, weder A noch Doppel-A oder B. Er kommt aus dem Keller eines Altenheimes, ist klein und eher still. Wir unterhalten uns ohne Worte. Er kommentiert nicht, dass ich ihn nur jede zweite Woche richtig voll stopfe. Dafür bin ich ihm dankbar.
Früher, als wir zu viert lebten, hatten wir einen großen Kühlschrank mit Klasse, der immer voll war. Und weil unsere Freunde und Kommilitonen das wussten, kamen sie oft zu uns, um zu essen und zu feiern, meistens beides in relativ kurzem Abstand. Das konnte an einem Montag passieren. Oder an einem Mittwoch. Wenn ABBA durch und Udo Jürgens dran war, stand unsere Nachbarin vor der Tür und drohte mit der Polizei, und dann waren wir alle ein bisschen verzweifelt, weil es so schön, aber leider laut war. Die Zeiten waren eben so. Martha und Louise haben sie verschlafen.
In meiner kinderfreien Woche besuche ich eine Freundin in Hamburg mit kleinem Kühlschrank. Die wenigen Töpfe, die in den Fächern stehen, sind Bio. In der Tür ein paar Soßen und Milchtüten von unterschiedlichen Herstellern, das hier ist eine WG und jeder Mitbewohner hat eigene Prioritäten. Resteköche aus dem Fernsehen stünden vor einer unlösbaren Aufgabe: Marmelade, Soßen und Milch, das ergibt nichts. Ich gehe einkaufen, und obwohl ich übermorgen fahre, kaufe ich auf Vorrat.
Ich sitze unter Stuck und habe Renovierungsideen, Putz- und Einrichtungsfantasien. Ich vergesse, dass hier Menschen wohnen, die nur einen Lebensabschnitt, nicht das ganze Leben teilen und sich nicht einigen müssen, ob und welchen Stil die Lampen haben sollten. Mittags geht die Tür auf, eine Mitbewohnerin klopft sich den Schnee von der Mütze. »Wo kommst du denn her«, frage ich reflexartig, und als sie überrascht antwortet, sie käme von ihrem Freund, also Quasi-Freund, da ist mir die Frage peinlich. Ich bin ja nicht ihre Mutter, nicht mal ihre Mitbewohnerin.
Ich beobachte, dass es eine Woche dauern kann, bis die Spülmaschine ausgeräumt ist. Ich schlafe bis zwei Uhr. Nach drei Tagen scheint mir das Beantworten von E-Mails eine Herausforderung zu sein. Ich frage mich, ob wir nicht alle etwas Wichtiges verpassen und erwarte stündlich den Mann mit dem Klemmbrett. Die Frauen um mich herum sind 30, jünger oder älter, Generation maybe hat sie jemand genannt. Sie haben einen Freund oder so was in der Art, werden vielleicht mal Eltern sein. Das, was dann folgt, habe ich schon durchgemacht. »Kann es sein, dass du gerade die beste Zeit deines Lebens hast?«, fragt mich eine Freundin. So habe ich das Teilzeitmuttersein noch nie betrachtet. Vielleicht muss ich lässiger werden. Vielleicht, ja, habe ich dann die beste Zeit meines Lebens.