Der pinke Ausverkauf

Von Chanel-Taschen bis zu Crocs und einer Zara-Kollektion: Durch den Barbie-Hype wurde eine Farbe zum Merchandise-Artikel. Unsere Stilkolumnistin prophezeit, dass man Pink und Rosa in wenigen Wochen nicht mehr tragen können wird.

Fotos: Warner/Zara/Crocs/Imapala Skates; Collage: eigene Zusammenstellung

Kann ja sein, dass man gern Pink trägt. Oder Rosa. Das ein oder andere Kleid in der Farbe hängt vielleicht im Schrank, eine Bluse, dazu der passende Lippenstift. Egal was, jedenfalls sind diese Sachen jetzt erst mal erledigt. Pink ist nämlich nicht mehr Pink, Rosa nicht mehr Rosa, sondern nur noch Barbiecore. Eine Zuckerwattewalze, die selbst die kühnsten Marketingträume übertrifft und wahrscheinlich in den nächsten Jahren von St.Gallen bis Harvard studiert werden wird.

Das geht schon seit fast eineinhalb Jahren so, seitdem bekannt wurde, dass es diesen Film geben wird ­– und der mit Greta Gerwig, Margo Robbie und Ryan Gosling ja gar nicht schlecht werden könnte. Pink gewinnt!

Und Pink hatte tatsächlich seinen Moment. Valentino zeigte im März 2022 eine ganze Kollektion in diesem Ton, die Farbe trendete und trendete als sei die Nuance gerade zum ersten Mal im Farbtopf zusammengemixt worden. Die Welle baute sich über Monate auf, seit dem Filmstart Ende letzter Woche hat sie schwindelerregende Höhen erreicht. Allein in Deutschland sahen den Film an den ersten vier Tagen 732.000 Besucher, grob geschätzte 89 Prozent trugen dabei – #wennschondennschoncore – etwas Pinkfarbenes am Leib.

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Im Film ist natürlich nicht nur, aber doch sehr viel Rosa bis Pink zu sehen, und längst nicht alles kommt vom Konzern Mattel: Es wurden Kostüme, Schmuckstücke und allein fünf Taschen von Chanel platziert, eine sogar in Herzchenform (Margot Robbie ist ja nicht zufällig Botschafterin der Marke). Rollschuhe in Gelb mit pinkfarbenen Rollen und Schnallen von Impala, und wer nach etwas über 100 Minuten noch klar sehen kann, erkennt in der letzten Szene ein paar Birkenstocks in Zartrosa, weshalb Google in den letzten Tagen sehr häufig gefragt wurde: »Welche Birkenstocks trägt Barbie????« Den Klassiker Arizona natürlich.

Das Patriachat shoppt halt weniger

Aber man muss nicht zwingend auf der Leinwand zu sehen sein, um sich an den Barbiehype dranzuhängen. Crocs hat pünktlich zum Start Schlappen mit Glitzersohle lanciert, Gap eine Kollektion mit Hoodies und T-Shirts, bei Zara gibt es Barbie-Parfum und eine Kollektion mit ganz ähnlichen Looks wie im Film. Nein, sorry, es gab dort ganz ähnliche Looks wie im Film. Dank aufwendig inszenierter Pop-up-Stores in Paris und New York und hübsch fotografierter Kampagne ist das rosa Kleid in Vichy-Karo natürlich längst ausverkauft, der Cowgirl-Look auch und das T-Shirt mit der Aufschrift »This is Barbie Land« natürlich sowieso. Dafür sind ein paar Ken-Sachen noch da. Das Patriachat shoppt halt weniger.

Bei Barbie wurde wirklich nichts dem Zufall überlassen und die Rechnung ist voll aufgegangen. Die Leute stürmen in die Kinos und offensichtlich kaufen sie auch wie bekloppt. Die Frage ist nur: Wo in der »Real World« wollen sie diese Sachen eigentlich anziehen? Zur Barbie-Motto-Party diesen Sommer? Zum Date bei Burger King Brasilien, wo jetzt ein Fleischfladen mit pinkfarbener Sauce angeboten wird? In Barbies »Dreamhouse«, das Airbnb vermietet? Denn weil Pink nicht mehr einfach Pink ist, wird niemand sagen: »Tolles Kleid!« Oder »Wow! Eine Chaneltasche in Sonderfarbe«, sondern nur noch: »Hi Barbie!« Winke, winke, grins, grins, cringe, cringe.

Hier wird keine Mode zu einem bestimmten Trend verkauft, das sind reine Merchandising-Artikel. Diese Sachen haben allenfalls eine Halbwertzeit von ein paar Wochen, eher sogar weniger, weil der Hype auf allen Kanälen so gewaltig ist, dass es einem jetzt schon pinkrosa aus den Ohren kommt. All das neu gekaufte Zeug wird bald so überflüssig sein wie Wahlplakate nach der letzten Auszählung. Aus, vorbei, gelaufen. Was war noch mal die Botschaft?

Ein paar der Stücke werden womöglich mal Devotionalien mit Nostalgiewert sein. Vielleicht haben die Skates irgendwann Sammlerwert oder der schwarz-weiße Badeanzug landet neben Pamela Andersons rotem Modell im Bikini-Museum in Bad Rappenau. Aber der pinkfarbene Cowboy-Look von Zara? Das rosa Karo-Kleid? Die dürften nur noch im Karneval zum Einsatz kommen. Ein paar Hardcore-Cleverle mit rosa Dollarzeichen in den Augen versuchen ihr Glück trotzdem: Auf Vinted wird das ausverkaufte Zara-Karo-Kleid, das ursprünglich 49,90 Euro kostete, gerade für 300 Euro angeboten. Zugeschlagen hat noch niemand.

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