Kim, die Erste, vor zwei Wochen überraschend ins Weiße Haus eingeladen, trug beim Treffen mit Trump ein schwarzes Kleid und zitronengelbe Pumps des hippen Labels Vetements. Eine eher überraschende Wahl. Wobei das kleine Vetements-Logo, wenn man genau hinschaute, kurz über Kim Kardashians Schritt prangte, was eine hübsche Anspielung auf dieses Trump-Zitat sein könnte: »Grab them by...« Nach dem Motto: »Ich zeig euch noch mal, wo der mich mal kann.«
Was Kim, der Zweite, beim historischen Gipfeltreffen mit Donald Trump tragen würde, war vorhersehbarer: einen Mao-Anzug, wie fast immer. Also die Art zweiteiliger Zwangsjacke, die zunächst Pflichtkleidungsstück chinesischer Beamter war und die der chinesische Kommunistenführer Mao Zedong seit 1927 trug und populär machte. Die Frage war nur, ob in Schwarz, Schwarz mit Nadelstreifen oder in diesem länger nicht mehr gesehenen Granitgrau. Es wurde dann: im Licht der Fotoblitze glänzendes Schwarz.
Warum Kim Jong-un beinahe ausschließlich diese Anzüge trägt, ist seit Jahren Thema. Die gängigste Theorie lautet, dass er so dem Bild seines Großvaters, des nordkoreanischen Staatsgründers Kim Il-sung, entsprechen wolle. Schließlich war Kim Jong-un, der zwei ältere Brüdern hatte, nach dem plötzlichen Tod des Vaters im Jahr 2012 als Nachfolger nicht unbedingt erwartbar. Die offensichtliche Referenz ans Auftreten des Großvaters sei wahrscheinlich »der Versuch des 35-Jährigen, seine Herrschaft zu legitimieren«, wurde Suk-Young Kim, Professorin für Koreastudien an der Universität Los Angeles, kürzlich auf racked.com zitiert.
Dass sein Erscheinungsbild dadurch extrem antiquiert daher kommt – geschenkt. Schließlich geht es in Nordkorea noch lange nicht um Modernität, sondern um Status, Macht, Abgrenzung. Und natürlich auch um Personenkult. Libyens Gaddafi hatte als Markenzeichen seine Sonnenbrillen. Mit seinem Look aus Arbeiterjacke, geradezu absurd weiten Hosen und ausrasierter Trapez-Frisur ist Kim Jong-un längst unverwechselbar. Und wer weiß, ob nach dem »Soviet Chic« der Neunzigerjahre, den vor allem der russische Designer Gosha Rubchinskiy wieder populär machte, nicht bald noch mehr kommunistische Mode-Trends kommen. Bereits jetzt sieht man Jugendliche mit vietnamesischen Arbeiterjacken auf den Straßen, bei der London Fashion Week sorgte das chinesische Label Pronounce für Aufsehen – mit einem pinkfarbenen, ziemlichen coolen Mao-Anzug.
So genanntes Uniform-Dressing hat außerdem noch andere Vorteile. Zum Beispiel die Komplexitätsreduktion, wie von Mark Zuckerberg, dem Mann der grauen T-Shirts, empfohlen; statt ratlos vorm Kleiderschrank rumzustehen, habe er so mehr Zeit für wichtigere Dinge. Die können andere Führer sicher auch gebrauchen. Außerdem wird die gelegentliche Abweichung von der Norm dann gleich viel stärker wahrgenommen, wie bei Kims letzter Neujahrsansprache, als der Diktator plötzlich einen grauen, westlichen Anzug mit Krawatte trug statt der Fünf-Knopf-Jacke mit hochgeschlossenen Kragen. Einige Kommentatoren werteten das neue Styling als Geste der Öffnung.
Zum Gipfel verzichtete Kim nun aber auf eine modische Überraschung, genau wie der US-Präsident selbst, der beim historischen Handschlag seine gewohnte rote Krawatte in Überlänge trug. Schließlich war das gesamte Treffen auch ohne modische Knalleffekte überraschend genug.
Wurde auch schon getragen von: Xi Jinping, Josef Stalin
Passender Tweet von Trump: »Ich würde ihn wie gesagt NIE ›klein und dick‹ nennen – aber dieser Designeranzug macht keine gute Figur. So sad.«