Darf man Partys feiern, wenn andere um ihr Leben fürchten?

Ewig hatten unsere Leserin und ihr Mann geplant, eine große Party zu schmeißen, dann begann der Krieg in der Ukraine. Kann man die Gäste um Spenden statt um Geschenke bitten – und dann trotzdem feiern?

Illustration: Serge Bloch

»Wir sind im Frühjahr zehn Jahre verheiratet, haben ­inzwischen drei Kinder, und mein Mann ist im ver­gangenen Jahr 40 Jahre alt geworden. Schon über ein Jahr ist geplant, Ende März eine große Party auszurichten. Lange mussten wir bangen, ob es wegen der Corona-Einschränkungen erlaubt sein würde. Als es endlich feststand, haben wir uns und auch viele der geladenen Gäste sich sehr gefreut. Dann begann Putins Angriffskrieg auf die Ukraine. Und jetzt stehen die Vorzeichen wieder ganz anders. Unsere Idee wäre, statt Geschenken die Gäste zu bitten, Geld zu spenden. Aber ist das ein adäquater Ausgleich?« Anja M., Rheine

Moment, ich rekapituliere, um sicher­zugehen, dass ich Sie richtig verstehe. Die Party ist nach wie vor geplant, Sie fragen einfach nur, ob es in Ordnung wäre, statt Mitbringseln Spenden zu er­bitten? Das ist zwar an sich eine schöne Idee, aber wenn Ihre Gäste einigermaßen okaye Menschen sind, wovon wir aus­gehen wollen, dann werden die schon selber wissen, was sie für die Ukraine spenden wollen, beziehungsweise vermutlich bereits gespendet haben. Ich finde, statt Geschenken um Spenden zu bitten, hat immer etwas von seelsorgerischer Nötigung.

Ihnen geht es besser damit, weil Sie sich altruistisch fühlen oder wenigstens nicht egoistisch, aber als Gast fühlt man sich leicht gegängelt und irgendwie auch um ein Vergnügen gebracht. Oder sogar um ein Bedürfnis: Du lädst mich ein, und ich bringe dir was mit. Das ist eine ein­gespielte Verabredung. Du lädst mich ein und sagst mir, an wen ich Geld überweisen soll: Das ist irgendwie schief. Würden Sie dann auch die Organisation vorgeben, und bekämen Sie mit, wie viel jeder gibt? Mir als Gast wäre das genauso unan­genehm, wie es mir ist, mich auf einer Hochzeit mit einem Geldbetrag meiner Wahl an einer vom Paar vorgegebenen Anschaffung beteiligen zu sollen, da kommt man sich doch vor wie bei einem Deal unter Kaufleuten. Das hat nichts Schönes, Feierliches, Festliches, sondern eher was von Bußgeld.

Meistgelesen diese Woche:

Zurück zu Ihrer Idee: Die meisten Menschen spenden gerne, wenn sie es wollen, und nicht, damit jemand anderes sich ­besser fühlt. Und damit will ich wirklich nicht sagen, dass es kein schöner Impuls von Ihnen ist. Vielleicht könnte Folgendes eine Lösung sein: Lassen Sie, wenn sich auf Ihrem Fest alle in Spendierlaune getrunken haben, einen Hut rumgehen. Möglicherweise kommt auf diese Weise sogar mehr zusammen.