Stillen zu dritt

Die Frau unseres Lesers weckt ihn nachts, wenn das gemeinsame Kind gestillt werden muss. Muss er wirklich aufstehen, obwohl er am nächsten Tag bei der Arbeit hundemüde ist?

Illustration Serge Bloch

»Wenn meine Frau unser Baby (sechs Monate alt) stillt, macht sie mich mit wach, weil sie es nur fair findet, dass nicht nur sie wach wird. Dadurch bin ich morgens bei der Arbeit hundemüde. Meine Frau ist noch in Elternzeit. Muss ich nur aus Solidarität mit aufstehen, obwohl ich das Baby offensichtlich nicht stillen kann?« Adrian B., Essen

Ich mag das Wörtchen »offensichtlich« in Ihrem letzten Satz. Es zeugt von Humor, und den werden Sie die nächsten paar Jahre brauchen, denn mit dem Abstillen irgendwann wird es ja, was frühes Aufwachen und damit einhergehende Müdigkeit angeht, nicht getan sein. So ist das eben mit Kindern. Ein dummer und bedauerlicher Fehler im System Mensch, denn mit Eltern, die chronisch müde sind, ist ja auch den Kindern nicht gedient.

Leider kann Ihnen aber niemand raten, wie Sie und Ihre Frau es idealerweise miteinander handhaben wollen. Das ist eine Sache, die Sie untereinander aushandeln müssen. So ist das eben heute, wo Frauen auf dem Arbeits­markt gebraucht werden, Menschen sich nur aus romantischen Gründen zusammentun und die ganze Sache mit den Kindern daher zur individuellen Interpretation freigegeben ist. Ihre Frau argumentiert mit dem Begriff der Fairness. Wenn man diese Kategorie anlegt, könnte sie eigentlich noch viel radikalere Forderungen stellen als einfach nur, dass Sie ihr beim sonst sehr einsamen Wachsein mit Baby Gesellschaft leisten. Schließlich hat Sie Ihnen neun Monate Schwangerschaft voraus. Es gibt Frauen, die die biologisch gegebene Unfairness gelassener hinnehmen, und andere, die ihren Partner dazu überreden, gemeinsam mit ihnen die gesamte Stillzeit lang auf Al­kohol zu verzichten. Beides kann man ver­stehen.

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Sie fragen, ob Sie aus Solidarität mit aufstehen müssen. Die klare Antwort darauf lautet: Nein. Nein, müssen tun Sie das natürlich nicht. Sie müssen gar nichts, was das Baby angeht, Sie beneidenswerter Mann. Ist für Sie alles freiwillig. Mit Logik werden Sie in dieser Sache jedenfalls nicht weiterkommen. Denn, richtig, es bringt niemandem etwas, wenn Sie in der Arbeit müde sind. Aber es gibt Ihrer Frau möglicherweise das Gefühl, geliebt zu werden und nicht allein zu sein.