Gruß an die Karma-Polizei

Ein Bekannter fährt unsere Leserin netterweise zum Flughafen – dabei wird seine Windschutzscheibe beschädigt. Sollte sie sich an den Kosten beteiligen?

Illustration: Serge Bloch

»Ein Bekannter von mir hat mich zum Flughafen gefahren. Ich weiß, dass es gerade finanziell sehr eng für ihn ist, und wollte den Aufwand ausgleichen. Er hat das Geld gerne angenommen. Auf der Rückfahrt vom Flughafen zerstörte ein Stein seine Windschutzscheibe. Die Versicherung übernimmt nur einen Teil. Ich überlege, mich daran zu beteiligen. Andererseits empfinde ich es wie die Übernahme einer Schuld, die ich nicht habe. Wie verhalte ich mich richtig?« Katalin M., München

Im Kleinen kennt wohl jeder das Problem. Ewig kein Parkplatz, und die Person am Steuer beschließt irgendwann, im Halteverbot zu parken. Man ist vielleicht nicht dafür, hat aber auf dem Beifahrersitz nicht die Verantwortung, so ist das nun mal. Bevor sich irgendjemand unnötig aufregt, gehen wir davon aus, dass es kein absolutes Halteverbot ist, nur ein eingeschränktes. Eine kleine, halbverzeihliche Ordnungswidrigkeit, die aber, kommen Politessen oder Politeure vorbei, ein Bußgeld nach sich ziehen kann (in diesem Fall, habe extra nachgesehen, ist es ja wirklich mal interessant zu gendern: Politeur! Kaum muss mal eine männliche Berufsbezeichnung erfunden werden, klingt es gleich nach der Verschönerung von Edelmetall). Wer zahlt nun das Bußgeld? Die Person am Steuer, weil es ihre alleinige Entscheidung war? Oder teilt man sich das Geld, weil es einem ja auch zugutekam, irgendwann geparkt zu haben, sogar noch im Stadtgebiet? Hm, sage ich da nur. Hm, hm, hm. Ich würde mal sagen, die Antwort auf Ihre Frage ist eine Gleichung mit zwei Variablen. Es kommt darauf an, a) wie flüssig Sie gerade finanziell sind, und b) wie gern Sie Ihren Bekannten haben. Da Sie Ihre eigenen finanziellen Verhältnisse nicht erwähnen, gehe ich davon aus, dass Corona Sie nicht empfindlich getroffen hat. Und da es aber finanziell gerade sehr eng für Ihren Bekannten ist, wie Sie schreiben, der immerhin so nett war, Sie zum Flughafen zu fahren, was ihn, je nach Stadt, bis zu zwei Stunden seines Lebens kostete, fände ich es einfach nur fair, wenn Sie sich beteiligen. Dass Sie den Stein nicht geschmissen haben, ist ja klar. Falls Sie es sich leisten können, seien Sie großzügig. Die Karma-Polizei sieht bekanntlich alles. Irgendwann, wenn Sie nicht mehr damit rechnen, wird es Ihnen schon vergolten werden. Daran glaube ich.