Ganz versunken

In der Komödie »Óaha« von Frank Wedekind verschluckt ein Sessel eine junge Frau. Das sollte auch im echten Leben öfter passieren – findet unser Autor.

Da sitzt auch die Frisur: Sessel »Guscio« von Flexform, gesehen bei Böhmler.

Foto: Martin Fengel

In der eher selten gelesenen Komödie Óaha von Frank Wedekind aus dem Jahr 1908 gibt es eine sehr gute Szene mit einem Sessel in der Hauptrolle. Dieses Möbelstück ist da so tief und gemütlich, dass es eine junge Dame kurzerhand verschluckt, als sie gerade mit halb ernsten Suizidvorbereitungen beschäftigt ist. Erschrocken ruft sie: »Eine Menschenfalle! – Zu Hilfe! Zu Hilfe! – Wie komme ich hier wieder hinaus?« Nun, mit diesen Empfindungen sind die wichtigsten Funktionen eines guten Sessels sehr treffend beschrieben. Er soll seine Be-Sitzer regelrecht fangen und verschlingen und sie ruhig eine kleine Weile lang nicht mehr an eine erfolgreiche Rückkehr glauben lassen. Erst wenn man das Gefühl hat, man müsste die Bergwacht anrufen, um je wieder aus den Polstern zu kommen, hat man das richtige Modell gefunden. Im Stück von Wedekind rettet der Sessel letztlich ein Leben. Im echten Leben reicht es aber völlig, wenn er einem zuverlässig den Abend rettet.