Kimchi mit Fenchel, Pfirsich und Kohlrabi

Kimchi kennt man als eine Art überkrasses Sauerkraut, dabei ist Kimchi mehr Methode als Rezept und bedeutet einfach »gesalzenes Gemüse«. Hier zeigt unser Kochkolumnist eine Kimchi-Variante mit Fenchel, Pfirsich und Kohlrabi.

Brachial super: Kimchi mit Fenchel, Pfirsich und Kohlrabi

Wir kennen Kimchi aus Korea meist nur in einer einzigen Variante, nämlich als fermentierten Chinakohl in einer ziemlich scharfen Würzpaste mit viel Knoblauch und Ingwer – eine Art überkrasses Sauerkraut. Schmeckt super, aber auch ein bisschen brachial. Doch vielleicht braucht es weder Kohl noch Riesenmengen Knoblauch, denn tatsächlich ist Kimchi mehr Methode als genaues Rezept: das koreanisch-chinesische Schriftzeichen bedeutet einfach »gesalzenes Gemüse«.

Und die Kimchi-Methode als Konservierungsart war schon wichtig in Korea, lange bevor europäische Kolonialisten Chilisamen aus Südamerika nach Asien brachten (nach Korea kam Chili noch ein paar hundert Jahre später als auf den indischen Subkontinent, aber das ist eine andere Geschichte). Die älteste schriftliche Erwähnung von Kimchi stammt jedenfalls aus einer 3000 Jahre alten Gedichtsammlung, darin steht: »An der Böschung des Feldes ist eine Gurke gewachsen. Wenn du sie aufschneidest und einlegst und deinen Vorfahren darbringst, dann werden deine Nachkommen lange leben und du wirst den Segen des Himmels erhalten.« Bisher habe ich meinen Vorfahren zwar weder Kimchi noch Sauerkraut geopfert, mit dem himmlischen Segen sieht es wahrscheinlich nicht so gut aus – aber supergesund sind milchsauer fermentierte Lebensmittel auf jeden Fall. Vor allem für alles, was irgendwie mit dem Stoffwechsel zu tun hat.

Und wenn es wirklich so ist, dass die Zusammensetzung der Mikrobiome im Verdauungstrakt der Eltern (vor allem der Mütter) sich auch auf die Mikrobiome der Kinder auswirkt, dann sind Kimchi und Co. sehr wahrscheinlich auch über Generationen indirekt lebensverlängernd. Voraussetzung ist natürlich, dass die wertvollen Kulturen nicht durch Pasteurisation zerstört werden, zum Beispiel damit sich das Produkt im Supermarktregal nicht weiter verändert.

Auch der sogenannte Chinakohl wird erst seit etwa 300 Jahren in Korea angebaut. Dagegen war Fenchel wohl schon ein wichtiger Teil früher Kimchi-Rezepte, und Meeresfrüchte wie getrocknete Garnelen oder frische Austern gehören auch heute noch zu vielen Zubereitungen. Es existieren Kimchis für jede Jahreszeit, manche reifen monatelang in riesigen Amphoren, während andere nur ganz kurz fermentieren. Wie gesagt, die Möglichkeiten sind äußerst vielfältig – experimentieren Sie ruhig mit ihren Lieblingszutaten – der allergrößte Teil der Mischung sollte dabei aus Gemüse und Früchten bestehen, stark eiweißhaltige Lebensmittel eher wie ein Gewürz behandeln. Was macht meine Mischung aus fermentiertem Fenchel, Kohlrabi und Pfirsich also zu einer Art Kimchi? Für mich ist es vor allem die Würzpaste: Anders als mitteleuropäische Sauergemüse wird Kimchi immer mehr oder weniger scharf – hilft bei der Konservierung – und relativ komplex gewürzt. Außerdem kommt sehr oft Reismehl mit in die Paste – die Kohlenhydrate aus dem Reis helfen dabei, die Fermentation in Schwung zu bringen.

Mein Eindruck als Koch ist, dass alle sehr lange milchsauer fermentierten Gemüse irgendwann ähnlich schmecken. Deshalb lasse ich lieber kleiner Mengen relativ kurz fermentieren und stelle die Sachen in den Kühlschrank, sobald mir der Geschmack gefällt. Im Kühlschrank verändert sich dann nicht mehr viel, kürzlich habe ich ein Glas Karotten vom vergangenen Sommer gefunden: sie waren immer noch völlig einwandfrei. Bei kurzen Fermentationszeiten gibt es übrigens auch fast nie Probleme mit »umgekippten« Mischungen. Außerdem braucht man kein klobiges Equipment, gewöhnliche Einmachgläser und vielleicht ein paar kleine Beschwerungssteine reichen völlig. Sie können auch mit kleinen, schweren Gegenständen aus dem Haushalt improvisieren, nur säurefest und ungiftig müssen sie sein – saubere Glaspropfen von alten Apothekengläsern oder größere Quarzkiesel eignen sich zum Beispiel sehr gut.

In dem Standardwerk zum Thema, the kimchee cookbook von Kim Man-Jo, Lee Kyou-Tae und Lee O-Young steht eine Erklärung für meinen subjektiven Eindruck: Zu Beginn der Fermentation arbeiten sehr viele Mikroorganismen gleichzeitig, es entstehen vielfältige Aromen, nach einiger Zeit gewinnen jedoch Milchsäurebakterien die Oberhand und irgendwann schmeckt alles vor allem sauer. Also nicht zu lange fermentieren, lieber dafür ab und zu mal ein neues Glas ansetzen – vielleicht, wenn gerade einmal zu viele Reste im Gemüsefach herumlungern.

Kimchi mit Fenchel, Pfirsich und Kohlrabi

(Für 3 - 4 größere Einmachgläser mit insgesamt etwa 3 Liter Inhalt)

Zubereitungszeit
90
Back/Gesamtzeit
20
Schwierigkeit

Zutaten:

Für 4 Personen
  • ca. 1,5 Kilo Gemüse z.B.: 1 Kohlrabi mit Blättern ca. 350 g, 2 Fenchelknollen zusammen ca. 600 kg, 200 g Karotten, 3 unreife Pfirsiche, Nektarinen oder 1 unreife Mango - zusammen ca. 350 g Kohlrabi, Fenchel, Karotte, Pfirsich, Nektarine, Mango
  • ca. 30 Gramm Meersalz ohne Zusätze, die geputzten Zutaten wiegen: insgesamt braucht man knapp 2% Salz vom Gesamtgewicht Meersalz
  • Für die Gewürzmischung:
  • 2 EL Reismehl Reismehl
  • 2 Frühlingszwiebeln Frühlingszwiebel
  • 1 (junge) Knoblauchzehe Knoblauch
  • 20 g Ingwerwurzel Ingwer
  • 3 EL Bio-Misopaste Miso
  • 1 EL Honig o.ä. Honig
  • 2 EL Chipotle-Chilipulver (oder ein anderes Chilipulver – Chipotle-Chilis sind eher mild, manche Pulver dagegen sehr scharf – also vorsichtig dosieren) Chilipulver
  • 3 EL getrocknete Algenflocken, z.B. Dulse-Algenflocken oder Meeressalat Algen


Kohlrabiblätter waschen, den Kohlrabi schälen und entweder in hauchdünne Scheiben schneiden oder grob raspeln. Fenchel waschen und längs in hauchdünne Scheiben schneiden. Pfirsiche waschen und in dünnen Scheiben vom Stein schneiden. Alles zusammen mit 15 g Salz mischen, leicht kneten und stehen lassen.

200 ml Wasser aufkochen. Das Reismehl mit 3 EL kaltem Wasser verrühren, dann ins kochende Wasser einrühren, 2-3 Min. schwach kochen, vom Herd nehmen, abkühlen lassen. Frühlingszwiebeln putzen, dabei Wurzeln und welke Blätter entfernen, die Zwiebeln fein schneiden. Knoblauch und Ingwer schälen und hacken. Alles unter die abgekühlte Reiscreme mischen, Miso, Honig, Chipotle-Chilis und Algen ebenfalls unterrühren. Wer will, kann die Mischung mit etwas erstklassiger Fischsauce abschmecken und eventuell ein paar getrocknete Garnelen oder Jakobsmuscheln (Jakobsmuscheln selber trocknen).

Gemüse und Gewürzpaste abwiegen. Die Gesamtmenge durch Hundert teilen, mal zwei nehmen und 15 g abziehen – das Ergebnis an Salz abwiegen (wahrscheinlich ist der Wert etwa 15 g), unter die Gewürzpaste mischen, So hat später die gesamte Menge einen Salzgehalt von knapp über 2 % (Miso und Fischsauce geben noch etwas Salz dazu).

Gemüse und Würzpaste abwechselnd in Gläser schichten, jeweils mit ein paar Kohlrabiblättern abschliessen und mit säurefesten Gewichten beschweren. Bei frühlingshafter Zimmertemperatur 2 bis 3 Tage stehen lassen, bis alles deutlich sichtbar Bläschen bildet und angenehm würzig-frisch-säuerlich schmeckt, dann in den Kühlschrank stellen und nach und nach verbrauchen.

Tipp:
Sehr trockene Gemüsesorten, wie zum Beispiel Rotkohl, brauchen manchmal etwas mehr Flüssigkeit, damit alles schön bedeckt bleibt – falls nötig einfach etwas zweiprozentige Salzlake zugeben, also für jeweils 100 g Wasser 2 g Salz nehmen. Kann man aufkochen und abkühlen – dann löst sich das Salz schneller im Wasser, aber es ist nicht nötig.