Manchmal erfrischt mich ein romantisches Gefühl der Nähe zu meinen Neandertaler-Vorfahren. Da mich Fußball wenig interessiert, nähere ich mich diesem inneren Neandertaler eher am Feuer als im Stadion: Es fasziniert mich, direkt in der Glut zu kochen – ganz ohne Grillkugeln, Rost oder gar elektronische Geräte. Wenn ich Gemüse, Fleisch, Fisch einfach auf ein glühendes Stück Holz lege und warte, bis es gut schmeckt – aufmerksam, aber ganz entspannt. Die Asche ist mein wichtigstes Gewürz. Beim Grillen in der Glut kommt es nicht auf Zehntelgrade an, anders, als wenn ich etwa ein Pulled Pork in der Hightech-BBQ-Lokomotive zubereiten würde. Erdlöcher mit Glut oder die Reste vom Lagerfeuer waren die ersten Herde, lange bevor irgendein Höhlenmensch begann, Fleischbrocken auf zugespitzte Äste zu stecken. In manchen Gegenden haben solche archaischen Garmethoden überlebt, zum Beispiel werden beim traditionellen »Hangi« in Neuseeland heute noch riesige Feuer angezündet, um damit Erdlöcher vorzuheizen, in denen später ganze Schweine oder Kürbisse und Kohlköpfe über viele Stunden garen.
Ein Fladenbrot verhält sich in der Glut ein wenig wie eine Löschdecke: Unter dem Teig bekommt die Glut weniger Luft, die Temperaturen sinken stark ab. Deshalb verbrennt das Brot nicht sofort im Feuer, sondern es wirft ähnlich schnell Blasen wie in einer sehr heißen Pfanne. Nach ein paar Minuten ist es durchgebacken, saftig und biegsam. In den kommenden beiden Wochen habe ich noch zwei Rezepte aus der Glut für Sie, zusammen mit dem Naanbrot gibt das ein kleines und erstaunlich feines Höhlenmenschen-Menü.
Übrigens: Fürs Testgrillen haben wir alles Holz selber mitgebracht und dafür gesorgt, dass niemand durch uns gestört wurde. Die Asche, aber auch alles andere, was wir zum Grillen eingepackt hatten, wurde von uns hinterher sehr sorgfältig aufgeräumt und wieder mit nach Hause genommen.
Naan-Fladenbrote aus der Glut
Für 16 Naanbrote
Zutaten:
- 50 g Butter oder Ghee und etwas mehr zum Bestreichen Butter
- 5 g Hefe
- 500 g Pizzamehl (oder 80% Dinkel Typ 630 und 20% Dinkeldunst) Mehl
- 460 g griechischer Joghurt 10 % (aufgeteilt in 60 g + 400 g) Joghurt
- 8 g Salz (1 gehäufter TL) Salz
- Weizendunst, doppelgriffiges Mehl/Wiener Griessler oder feines Maismehl zum Arbeiten Mehl
- Fleurs de sel oder andere Salzflocken Salz
- Nigellasamen nach Belieben Nigella
- 1/2 Bund Petersilie oder Koriander (möglichst mit Wurzeln) Petersilie
- optional: gehackte Chilis und Zwiebeln Chili
Teig
1. 50 g Butter zerlassen. Hefe in 220 ml laukaltem Wasser auflösen. Mit 200 g Mehl verrühren, 30 Minuten stehen lassen.
2. Restliches Mehl, Ghee, 60 g des Joghurts und Salz zugeben, 10 Min. auf kleiner Stufe oder mit der Hand kneten. Teig in 16 Stücke teilen, Kugeln formen. Dafür den Teig mit gleichmäßigen, kreisenden Bewegungen zwischen den beiden Handflächen »schleifen«, bis die Oberfläche der Teigkugel glatt ist.
Teigruhe
Die Teigkugeln in eine oder zwei große, flache Plastikboxen legen, so dass alle Kugeln Platz haben, um sich noch etwas zu vergrößern. Zudecken und an einem kühlen Platz 4-5 Stunden gehen lassen, zum Beispiel in einem kühlen Keller, bis sich das Teigvolumen sichtbar vergrößert hat. Geht der Teig zu schnell – ab in den Kühlschrank damit (nicht ins Nullgradfach). Zum Grillen am besten in einer Kühltasche transportieren. (Wenn es schneller gehen muss: Einfach 15-20 g Hefe nehmen, lauwarmes Wasser verwenden und bei etwa 27 Grad 1-2 Stunden gehen lassen).
Formen und Backen
1. Petersilie oder Koriander waschen und trockenschütteln, die Blättchen hacken und mit restlichem Joghurt und einer Prise Salz verrühren (wer will kann zusätzlich noch ein paar gehackte Chilis und Zwiebeln zugeben). Die Kräuterstiele ebenfalls hacken oder sehr fein schneiden und beiseite legen.
2. Teigkugel mit den Händen zu einem dünnen Kreis drücken und ziehen (ca. 15 cm Durchmesser, nicht zuuuu dünn, sonst werden sie schnell hart). Den Teig mit Fleurs de sel, Nigella und Korianderstielen bestreuen, leicht andrücken, mit der gewürzten Seite direkt in die Glut legen. Etwa 2 Minuten backen, bis das Naanbrot große Blasen wirft und an den dünnen Stellen braun wird. Kurz umdrehen. Die restlichen Brote auf dieselbe Weise backen.
3. Mit Kräuterjoghurt und gegrilltem Gemüse oder Fleisch oder Fisch servieren.
Tipps:
Sie können die rohen Teigfladen auch mit einer Scheibe Weichkäse (z.B. Brillat Savarin) und zwei halben Kirschtomaten füllen, zusammenklappen und wie eine kleine Calzone in der Glut backen.
Weitere Rezepte zum Grillen in der Glut: unser Eisenhower-Steak, Pfirsich-Salsa und schwarz gerösteter Spitzkohl.