Woran werden Sie sich in Deutschland nie gewöhnen, Timothy Garton Ash?

Der Historiker im Interview ohne Worte über seine Erinnerungen an die DDR, wie er 1994 Putin erlebt hat und die deutsche Pünktlichkeit.

Geboren: 12. Juli 1955 in London 
Beruf: Historiker und Autor 
Ausbildung: Geschichtsstudium in Oxford, Doktorand in Berlin an der Freien Universität und an der Humboldt-Universität 
Status: Geschichtsversessen

Möglicherweise ist dieser Mann der beste Deutschlandversteher Großbritanniens. Schließlich hat er in jungen Jahren nicht nur in Westberlin studiert, sondern auch im Osten der Stadt (Dissertationsthema: »Berlin And The Nazis«), er hat beide Deutschlands gründlich kennengelernt. Aber der Historiker Garton Ash ist nicht beim Thema Deutschland geblieben, die Kreise seiner Betrachtungen wurden größer: Europa, USA, die Welt, die Krisen, die Herausforderungen. Wenige können die großen historischen Bögen so präzise und verständlich in Worte fassen wie er. Und wenige können Bücher über komplexe Zusammenhänge schreiben, die dann so umgehend zu Bestsellern werden.

Es ist eben gut, dass da einer ab und zu für etwas Ordnung in den Köpfen sorgt. Dafür wurde ihm schon das Bundesverdienstkreuz verliehen, etliche andere Auszeichnungen aus aller Welt ebenso. Gerade ist sein neues Buch Europa. Eine persönliche Geschichte erschienen. Ach ja, man hätte sich vielleicht denken können, dass man dem Mann nicht mit leichtfertigen Ideen zu kommen braucht. Als ihm beim Foto­termin im »Bayerischen Hof« der Redakteur vorschlägt, als Antwort auf eine Frage so zu tun, als würde er sich selbst die Hand reichen, wendet Garton Ash sofort ein, das erinnere aber doch allzu sehr an die SED-Bruderhände. Äh, selbstverständlich. Beg your pardon, Sir!