Was aussieht wie eines dieser Suchbilder, bei denen auf gleichen Bildern nur minimale Unterschiede versteckt sind, ist in Wahrheit eine Poster-Collage 112 »verschiedener« Weihnachtsfilme. Die Zusammenstellung, die ursprünglich ein Mitglied eines sozialen Film-Netzwerks gepostet hat, geht gerade viral. Darauf jeweils zu sehen: Ein verliebt bis neckisch strahlendes Pärchen, immer weiß, immer heterosexuell, dazu Filmtitel wie Finding Santa oder Merry Kissmas, die inhaltlich ebenso viel Abwechslung versprechen wie ihre Filmplakate.
Zur Ehrenrettung aller Kult- und Qualitäts-Weihnachtsfilme muss man sagen, dass es sich hier nicht um einen vollständigen Querschnitt dieser Gattung handelt, sondern größtenteils um Eigenproduktionen des amerikanischen Kabelsenders Hallmark, der in den USA über 70% aller Haushalte mit Fernsehern erreicht. Trotzdem sind wir uns sicher: Bei einer allumfassenderen Betrachtung sähe das Bild nicht sehr viel variantenreicher aus.
Ebenso einfältig wie die sexuelle Orientierung oder ethnische Herkunft der Hauptdarsteller erscheint auch deren modische Farbpräferenz. Er trägt Grün, sie Rot; in waghalsigen Fällen auch mal umgekehrt. Blickt man auf die jedes Jahr noch größer ausfallenden Weihnachtskollektionen beliebter Modeketten wie H&M oder Topshop, so scheinen sich auch dort die Designer einig: Die Strickkleider, Sweatshirts und Jogginghosen werden vorrangig in Rot und Grün gestaltet. Die einzige weitere zulässige Designzutat für die Festtage: Glitzer.
Natürlich, die Weihnachtsfarben haben kulturelle und christliche Hintergründe: Grün für die Hoffnung, die Treue, die immergrünen Tannengewächse; Rot wie Christus (späteres) Leiden und vergossenes Blut, das Feuer, die Liebe. Doch in Zeiten, in denen jeder Starbucks-Becher, Parfumklassiker (etwa von Jean Paul Gaultier) und sogar das Monopolyspiel in der rot-grünen »X-Mas-Edition« erhältlich ist, darf man bezweifeln, dass diese religiöse Symbolik hier der Grund für die Farbwahl ist. Die Industrie nutzt den weihnachtlichen Farbanstrich schlichtweg, um die Verkäufe mit zeitlich limitierten Sonderprodukten anzukurbeln.
Am Ende handelt es sich um einen erlernten, leicht verständlichen (modischen) Farbcode. Pastelltöne gehören in den Sommer, maritime blau-weiße Streifen an die Côte d’Azur, um Halloween wird alles orange, zu Weihnachten dann rot-grün. Ein Blick und man weiß, worum es geht – das gilt auch für die Filmplakat-Klone.
Das seichte, sehr auf christliche Familienwerte abgestimmte Feel-good-Programm von Hallmark erfreut sich in den USA in den letzten Jahren wachsender Beliebtheit. In der Woche, in der Trump zum US-Präsidenten gewählt wurde, war Hallmark der viertmeistgesehene TV-Sender während der Prime Time – vor zum Beispiel dem weitverbreiteten Nachrichtensender MSNBC.
In politisch aufwühlenden, unsicheren Zeiten scheinen sich die Leute damit ihre Sehnsucht nach der heilen, unkomplizierten Welt zu stillen – in den von Hallmark in den letzten zwei Monaten des Jahres nahezu non-stop ausgestrahlten Weihnachtsromanzen findet sich garantiert für jeden noch so verzwickten persönlichen Konflikt am Ende ein Happy End.
Doch muss leicht verdauliche Kost immer gleich klischeebeladen und unoriginell sein? Muss sie nicht: Denn die andere News der Woche lautet, dass Kristen Stewart angeblich die Hauptrolle in »Happiest Season«, einer neuen romantischen Weihnachtskomödie mit einem lesbischen Paar im Mittelpunkt, spielen soll. Mal sehen, was sie dabei tragen wird.
Wird getragen von: Italien-Fans, Santa Claus, Elfen, Gartenzwergen
Wird getragen mit: vollem Bauch, Blockflötenohrwurm, Familienkrise
Nicht verwechseln mit: Blue Christmas