Wenn es ein Hemd gibt, das an diesen heißen Sommer einmal modegeschichtlich erinnern wird, dann wohl das auffälligste Hemd der aktuellen Herbstkollektion 2018 von Prada. Das kastig geschnittene Kurzarmhemd besteht zu gleichen Teilen aus zwei Archivdrucken der Marke aus dem Jahre 1996 (geografische Formen in 70er-Jahre-Farben auf der linken, leicht maritime Streifen auf der rechten Seite), die sich rechts unten zu allem Überfluss auch noch in Flammen verwachsen. Das schwer übersehbare Luxushemd wurde zum Lieblingsstück zahlreicher Stylisten und Moderedakteure, doch keiner rief damit soviel (Internet-) Entzücken hervor wie der Schauspieler Jeff Goldblum.
Das mag einerseits daran liegen, dass er das Hemd für seinen Auftritt Mitte Juni bei der beliebten US-Talkshow Jimmy Kimmel Live trug und es somit auch einer Gruppe an Verbrauchern unter die Augen kam, die möglicherweise nicht jeden Tag Modemagazine studieren. Es liegt aber vor allem am Träger selbst – schließlich ist es keine ganz einfache Aufgabe, ein Hemd, das so laut »bad taste« zu rufen scheint, mit einer solchen Lässigkeit zu tragen, wie möglicherweise nur Jeff Goldblum es kann.
Blickt man auf die lange Karriere des Schauspielers (Annie Hall, Jurassic Park, Independence Day), so war Goldblum eigentlich nie schlecht gekleidet. Aber eben auch nicht herausragend gut. Doch ungefähr seit seinem Auftritt im Wes-Anderson-Film »Grand Budapest Hotel« 2014 ist Goldblum zum totalen Stilhelden mutiert. Es begab sich zu dieser Zeit, dass Goldblum bei einem Fotoshooting den Stylisten Andrew T. Vottero kennenlernte und begann, regelmäßig mit diesem zusammenzuarbeiten.
Seitdem hat sich nicht nur Goldblums Grundgarderobe reformiert (schmale Hosen, Boots mit Cowboyabsatz, viel Leder und markante Brillen), er mischt darunter auch mit Vorliebe das Waghalsigste, was die aktuelle Männermode gerade zu bieten hat: marmorierte Satin-Hemden im Westernstil von Dries van Noten, gefleckte Kuhlederjacken von Yves Saint Laurent und vor allem jede Menge Prints, ob auf Hemden, Shorts oder Jacken, gerne auch im Mustermix.
Nun gut, könnte man sagen: Wer einen persönlichen Stylisten zur Seite und viel Taschengeld zur Verfügung hat, für den ist es eine Leichtigkeit, sich täglich in den neuesten, extravaganten Modekreationen zu präsentieren – noch dazu, wenn man wie der schlaksige Goldblum mit 1,94 Meter auch rein physisch ein dankbares Model abgibt. Doch mit dem einfachen Anziehen ist es nicht getan. Um in so mutigen Outfits wie einem Kopf-bis-Fuß-Zebra-Look von Isabel Marant nicht vollkommen lächerlich auszusehen, braucht es etwas mehr: die richtige Attitüde.
Man nimmt Goldblum, der mit seinen 66 Jahren immer noch etwas Schelmisches, Verschmitztes hat, seine modische Erweckung im fortgeschrittenen Alter einfach ab. Mit größtem Vergnügen berichtet er in Interviews davon, wie er manchmal wach wird, und zu seiner Frau sagt, dass er unbedingt dieses oder jenes T-Shirt haben muss, zeigt in Videos seine beachtliche Kollektion an Ringen oder teilt auf Instagram die Kunstwerke von Fans, die ihn in seinen einprägsamen Outfits gezeichnet haben. Zudem gilt er auch noch als höflich, kollegial und – eher selten in der Mode – selbstironisch. Als er und der Rapper Pusha-T innerhalb von einer Woche mit dem gleichen besagtem Prada-Flammen-Hemd auftauchten, verkündete er: »Ich möchte öffentlich sagen, dass Pusha T und ich in keinem Wettbewerb stehen, und ich huldige dir, Pusha T. Ich denke, du hast dieses Hemd absolut wunderschön getragen; ich selbst habe das Beste gegeben, was ich konnte.«
Wie Andrew Voterro in seinen Instagram-Stories richtigerweise schreibt (auf einem Foto, auf dem Goldblum mal wieder unerschrocken eine kleinkarierte Hose zu einem gepunkteten Hemd und einer mit Noten bedruckten Krawatte paart): »Achtung: nicht jeder ist cool genug dafür.« (Disclaimer: not everyone is cool enough to do it.«) Leider nein. Aber mit Jeff Goldblum kann man lernen, wie es geht.
Wird getragen mit: Print, Print und mehr Print, Lederjacke, getönter Brillen, Hut und aufrechter Haltung
Wird getragen von: Stylisten und Modebegeisterten, respektive -opfern)
Weibliches Pendant: Céline Dion
Typischer Instagram-Kommentar: #jeffgoldblumworeitbetter