Fabian Dittrich ist Schlafcoach, Autor und Mitbetreiber von Schlafonaut. Das Unternehmen berät Menschen mit Schlafproblemen und hält Workshops und Vorträge zu dem Thema, unter anderem auf Youtube:
»Die Antwort lautet: Jein. Milch enthält wie alle proteinreichen Lebensmittel zwar tatsächlich relativ viel Tryptophan, eine Aminosäure, aus dem der Körper zuerst das Glückshormon Seratonin und anschließend das Schlafhormon Melatonin bildet. Durch den Honig gelangt der Stoff schneller ins Gehirn. Allerdings haben Wissenschaftler auch herausgefunden, dass sich Tryptophan erst ab einer Menge von 250 Milligramm wesentlich auf den Schlaf auswirkt – ein Glas Milch enthält jedoch nur etwa 100 Milligramm der Aminosäure.
Trotzdem können Sie, auch ohne literweise Milch in sich hineinzuschütten, mit einem Glas Milch etwas für Ihren Schlaf tun: Sofern Ihnen die Milch schmeckt, das Ritual angenehme Gefühle auslöst und bestenfalls schöne Erinnerungen weckt. Wer zum Beispiel als Kind von den Großeltern vor dem Einschlafen ein Glas Milch bekommen hat, dürfte auch als Erwachsener davon profitieren. Den positiven psychologischen Effekt von Kindheitsritualen kann man auch auf andere Weise nutzen: Indem man zum Einschlafen zum Beispiel Hörbücher hört, wie einst als Kind Hörspielkassetten.
Wichtig ist es, eine individuelle Einschlafroutine zu finden, auf die man Lust hat. Unser Körper muss sich takten und liebt einen gleichmäßigen Rhythmus. Neben der Ernährung ist Bewegung ein weiterer wichtiger Faktor für die Schlafgesundheit. Durch die Corona-bedingte Arbeit im Homeoffice ist für viele der von außen gegebene Takt verlorengegangen, zum Beispiel durch Vereinssport. Da ist es wichtig, sich neue Routinen aufzubauen und sich zum Beispiel zum Spazierengehen zu verabreden. Gerade sonntags haben viele Menschen Einschlafprobleme, weil der Körper durch das Ausschlafen am Wochenende weniger Adenosin aufgebaut hat, einen Botenstoff, der Schlafdruck auslöst. Die Adenosin-Produktion lässt sich zum Beispiel durch einen Abendspaziergang ankurbeln.«