Angela Clausen ist Ernährungswissenschaftlerin und wissenschaftliche Referentin für Lebensmittel im Gesundheitsmarkt bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen:
»Die Mehrheit der Menschen Deutschland benötigt keine zusätzlichen Vitamine, denn unsere alltäglichen Lebensmittel decken unseren Vitaminbedarf in der Regel ab. Vitamin C als Nahrungsergänzungsmittel ist zum Beispiel überflüssig. Wer nach dem Gießkannenprinzip Vitaminpräparate einnimmt, schadet sich im Zweifel eher. Der Körper scheidet die zu viel eingenommenen Vitamine zwar meist wieder aus, aber einige lagert er auch ein – und das kann zu ernsten Problemen führen. Es gibt beispielsweise jedes Jahr Überdosierungen mit Vitamin D, wie das Giftinformationszentrum in Erfurt meldet. Chronische Überdosierungen können unbehandelt zu erhöhten Calcium-Spiegeln im Blut und sogar Nierenschädigungen und Herzrhythmusstörungen führen. Laut der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit sind Mengen von bis zu 100 µg Vitamin D pro Tag aus allen Quellen unbedenklich. Grundsätzlich sollte man nicht zu hoch dosierten Nahrungsergänzungsmitteln greifen, ohne vorher mit einer Ärztin, einem Arzt oder einer Ernährungsberaterin gesprochen zu haben.
Es gibt aber Menschen, für die sind Vitamine als Nahrungsergänzung sinnvoll: Schwangere, Stillende, über 65-Jährige oder Personen, die vegan leben, sollten sich möglichst nach ärztlicher Absprache Gedanken über Nahrungsergänzungen machen. Das gilt auch für chronisch Kranke und wenn jemand regelmäßig Medikamente einnimmt. Denn manche Medizinpräparate sind wahre Vitamin-Räuber. Auf der anderen Seite können Nahrungsergänzungsmittel auch Wechselwirkungen mit Medikamenten haben, deren Wirkung verstärken, schwächen oder sogar blockieren.
Am häufigsten benötigt werden Vitamin B12, das nur in tierischen Lebensmitteln vorkommt, Vitamin D und Folsäure. Vitamin D braucht, wer sehr selten an die Sonne kommt, oder nur mit starken Sonnenschutzmitteln oder Ganzkörperbekleidung. Folsäure ist wichtig für die Zellteilung, Frauen die schwanger werden wollen, sollten dieses Vitamin schon vor der Schwangerschaft und während des ersten Schwangerschaftsdrittels einnehmen. Auch für Kinder und Jugendliche ist Folsäure wichtig – aber hier ist Nahrungsergänzung immer die zweite Wahl. Zuallererst sollte man herkömmliche Lebensmittel heranziehen, weil sie viel mehr liefern als nur eine beschränkte Auswahl an Vitaminen. Folsäure ist beispielsweise in grünem Blattgemüse, in Erd- und anderen Nüssen und in Orangensaft enthalten.«