Kochen bedeutet vor allem schneiden und die Eigenheiten der Zutaten sehr aufmerksam wahrnehmen. Deshalb ist für mich das wichtigste Küchengerät ein großes Messer. Und die wichtigste Technik in der Küche ist der Wellenschnitt. Klar kann man auch mit mittelscharfen Messern und vorsichtig unkoordinierten Schnitten großartig kochen, aber vieles geht schneller und es macht einfach sehr viel mehr Spaß mit scharfem Messer und der richtigen Technik. Hier ein paar Tipps und ein Rezept, mit dem Sie den Wellenschnitt an einer größeren Menge Schnittlauch gut üben können.
Das Messer: Je breiter die Klinge, desto gefahrloser können Sie sie direkt an den Fingerkuppen führen. Das klassische Kochmesser von einem der deutschen Hersteller mit breiter Klinge und zwischen 16 und etwa 24 Centimetern Länge ist völlig ausreichend. Millionen Köche in der ganzen Welt schwören darauf. Es gibt auch sehr viel teurere und schärfere Messer, zum Beispiel aus sehr hartem Stahl. Solche Messer bleiben länger scharf (in Deutschland zum Beispiel von Nesmuk – ich mag das nicht ganz so teure 18 Centimeter lange »Soul« Kochmesser besonders gerne). Die viel billigeren, ebenfalls superscharfen Messer aus weichem Stahl sind ausgesprochen pflegebedürftig. Diese Messer lassen sich aber besonders leicht schärfen (zum Beispiel von Authentic Blades, hergestellt in Vietnam, mir sagt eigentlich nur die Form »Tao Nha« zu).
Pflegen und schärfen
Wichtiger als die Qualität des Messers ist aber die Pflege. Also Kochmesser ungefähr einmal im Jahr zum professionellen Messerschleifer bringen – oder einen entsprechenden Workshop (in München zum Beispiel bei Dictum) besuchen und die Messer selber schleifen. Ich mache das ab und zu im Urlaub und finde es sehr entspannend. Im Alltag das Messer wirklich regelmäßig – mehrfach während eines Kochabends – über einen Wetz- oder Abziehstahl ziehen, um die Schärfe vom Schleifer möglichst lange zu erhalten. Der Stahl sollte möglichst lang sein, eine sehr fein gerillte Oberfläche und einen ovalen Querschnitt haben. Ich habe wahrscheinlich die meisten Typen und Größen probiert und verwende in der Regel einen Dickoron Classic. Es gibt verschiedene Methoden, das Messer abzuziehen. Wählen Sie die Bewegung, die ihnen am leichtesten fällt. Hauptsache die Bewegung ist immer gleich – und der Winkel zwischen Klinge und Messer auch. Genau genommen sollte dieser Winkel dem von der Messerschleiferin vorgegebenen Winkel entsprechen, je nach Messer und Gewohnheiten sind das meist ungefähr 15 Grad. Wahrscheinlich kann Ihre Messerschleiferin genau sagen, in welchem Winkel sie das Messer geschliffen hat. Klingt schwieriger als es ist: Halten Sie den Stahl waagrecht vor die Brust, das Messer senkrecht an der Spitze des Stahls, der Winkel zwischen Schneide und Stahl beträgt ungefähr 15 Grad. Beschreiben Sie mit leichtem Druck einen Viertelkreis mit dem Messer über den Stahl, ohne diesen dabei zu bewegen. Wenn der Grundschliff stimmt, ist das Messer nach wenigen Strichen auf beiden Seiten scharf. Der Grundschliff stimmt aber fast immer erst, nachdem das Messer zum ersten Mal beim Messerschleifer war!
Oft bildet das Messer beim Schneiden einen sogenannten Grat. Das bedeutet, die hauchdünne Schneide ist ein klein wenig umgebogen. Das kann man leicht fühlen, wenn man mit dem Fingernagel vom Messerrücken zur Schneide fährt und dabei an der Schneide ganz leicht hängen bleibt. Wenn das Messer also einen Grat hat, diesen Grat erst einmal »herausziehen«. Das heißt, das Messer am Klingenansatz nahe dem Wetzstahlgriff rechtwinklig zum Stahl halten (der Winkel zur Klinge beträgt 15 Grad) und langsam weg vom Wetzstahlgriff und dabei in Richtung Messerspitze ziehen, dabei den rechten Winkel beibehalten. Wenn der Grat nach zwei, dreimal ziehen nicht mehr zu spüren ist, das Messer wetzen – im Viertelkreis. Erst die eine Seite, dann die andere Seite. Lieber langsam und kontrolliert als schnell und ungenau.
Der Wellenschnitt
Schnittlauchbündel sind – wie alles Flache – gut geeignet für den Wellenschnitt. Beim Wellenschnitt bleibt die Spitze des Messers immer auf dem Arbeitsbrett, während Sie den Griff des Messers auf und ab bewegen und gleichzeitig das Messer vor und zurück schieben. Ob Sie ziehend oder schiebend schneiden ist Gewohnheitssache – ich bin ein »Schieber«. Am besten funktioniert es, wenn Sie das Messer an den Knöcheln Ihrer gekrümmten Finger führen. Das sehen Sie ganz gut im Video. Erstmal ganz langsam üben, allmählich schneller werden – und ganz oft meine Zitronen-Miso-Schnittlauchsauce zubereiten! Es gibt natürlich noch sehr viel mehr zu sagen über Messer und Schneidetechniken – schreiben Sie mir, was Sie wissen wollen.
Artischocken mit Zitronen-Miso-Schnittlauchsauce
Zutaten:
- 3 Bio-Zitronen Zitrone
- 2 Knoblauchzehen Knoblauch
- 1 Thymianzweig Thymian
- 2 Lorbeerblätter Lorbeer, Lorbeerblatt
- 1 TL Wacholderbeeren Wacholderbeere
- Salz, Pfeffer
- 4 schöne, große, bretonische Spätsommer-Artischocken Artischocke
- 60 ml Rapsöl – eine gesunde, gelbe kaltgepresste Sorte Rapsöl, Öl
- 50 g helles Miso (Bioladen, oder von kleinen lokalen Produzenten - in München z. B. bei Miso di Monaco auf dem Viktualienmarkt, oder natürlich DIY, den dafür nötigen Koji-Reis gibt es in München ab und zu auch an besagtem Stand am Markt) Miso, Miso-Paste
- 2 Bund Schnittlauch
- Weißbrot Brot
1. Zuerst einen Kochsud für die Artischocken vorbereiten: In einem großen Topf Wasser mit Salz und Pfeffer kräftig würzen. Eine Zitrone vierteln, ins Wasser auspressen, die ausgepressten Stücke mit ins Wasser geben. Knoblauchzehen mit Schale leicht quetschen und mit Thymian, Lorbeer und Wacholder in den Topf geben, aufkochen, etwa 10 Min. schwach kochen lassen.
2. Die Artischockenstiele abschneiden, mickrige Außenblätter abziehen. Artischocken im Sud 35 Min. köcheln, dann auf der ausgeschalteten Herdplatte noch 5 Min. ziehen lassen – jetzt müssten sie genau richtig sein, nämlich gerade nicht mehr bissfest, wenn Sie ein Blatt aus der Artischocke ziehen, sollte es sich leicht lösen.
3. Die Schale von einer Zitrone hauchdünn abschälen oder abreiben. 80 ml Saft auspressen – manchmal reichen dafür eineinhalb Zitronen. Zitronenschale und Saft mit Miso und Rapsöl so fein wie möglich mixen. Dabei bildet sich eine Emulsion, ähnlich wie eine Mayonnaise, nur nicht ganz so fest.
4. Schnittlauch mit einem möglichst hohen Messer fein schneiden. Dabei hilft der »Wellenschnitt« – siehe Text und Video. Schnittlauch unter den Dip rühren, mit den Artischocken und Weißbrot servieren. Artischockenblätter nach und nach aus der Knospe zupfen, in den Dip tauchen und die weichen Teile mit den Zähnen vom Blatt mehr abziehen als abzutzeln. Sobald das sogenannte Heu sichtbar wird, dieses mit einem Messer horizontal abschneiden und entfernen. Den Artischockenboden in Stücke schneiden und in den Dip tunken.