Ostern liegt dieses Jahr so spät, dass Ostereier auf frischen Spargel treffen können. Und zwar auch auf Spargel, der ohne Fussbodenheizung angebaut wird. Die Gelegenheit müssen wir nutzen - für meine Frühlingsversion der russischen Sommersuppe Okroshka. »крошка« bedeutet Streusel oder Krümel (oder auch: »Zuckerpuppe«) und sagt uns lediglich, dass die Zutaten für die Okroshka eher klein geschnitten werden. Überhaupt geht die kalte Suppe mit ihren gewürfelten Zutaten in Richtung Salat mit viel Dressing. Es gibt so viele Okroshka-Rezepte wie Krümel in der Sesamstraße, doch Frühlingszwiebeln, Gurken, Dill und hartgekochte Eier gehören zu den Grundzutaten. Statt sommerlicher Gurken nehme ich diesmal Spargel. Auch für den traditionell beliebten Dill ist es eigentlich noch zu früh, aber Garten, Wiesen und Wochenmarkt sind voll zartem Frühlingsgrün von Löwenzahn und Giersch bis Erdbeerblatt. Die Kombination der Zutaten ist an sich schon sehr erfrischend, ein bisschen zusätzliche Säure macht daraus eine belebende Mahlzeit nach Festtagsvöllerei und Schokoladeneier-Orgie.
Diese frische Säure kann man in Form von Buttermilch an die Okroshka geben oder - sehr russisch - als Kvass. Dabei handelt es sich um einen fermentierten russischen Trank aus Roggenbrot oder aus Roggenschrot. Die Zubereitung ist kinderleicht: Einen Teil trockenes Roggenbrot oder geschroteten Roggen mit einem Löffel Sauerteig (z.B. vom Bäcker) und einem Teil Wasser verrühren, an einem warmen Platz ein paar Stunden stehen lassen, bis es blubbert, dann mit fünf Teilen Wasser aufgießen und 1-2 Tage gären lassen. Für Kvass als Getränk die Flüssigkeit in Flaschen füllen und wie Ingwerbier nachreifen lassen. Dafür kann man etwas Ingwer, Sternanis oder andere Gewürze dazugeben und das trockene Roggenbrot vorher in dünnen Scheiben rösten. Für die Suppe ist das nicht nötig, hier geht es mir mehr um die frühlingsfrische Säure des fermentierten Roggens. Die blassgraue Flüssigkeit durch ein Sieb abgießen. Sieht zwar erstmal nicht sehr verführerisch aus – für die Suppe ist Kwass aber ideal. Und wer Brottrunk mag, wird selbst gemachten Roggen-Kwass sowieso lieben.
Frühlings-Spargel-Okroshka
Für 4 Personen
- 250 g grüner Spargel
- 250 g neue Kartoffeln
- 4 hartgekochte Ostereier
- 1 Bund Radieschen
- 3 Frühlingszwiebeln
- 1 Handvoll Frühlingskräuter wie Löwenzahn, Giersch, Kerbel, Bärlauch, zarte Radieschen- oder Erdbeerblätter
- 2 TL scharfer Senf
- 2 TL Honig
- Salz, Pfeffer, Kümmel
- 500 ml Kvass (siehe Text, Alternative: 300 g Buttermilch und 200 ml Wasser)
- 150 g Sauerrahm oder Joghurt
- 2 EL Kürbiskernöl
Spargelenden schälen, zähe Enden abschneiden, die Stangen in Salzwasser etwa 8 Min. bissfest kochen, abschrecken und in Scheiben schneiden. Kartoffeln kochen, pellen und klein würfeln. Die Eier schälen, das Eiweiß hacken, Eigelbe beiseite legen. Radieschen waschen und würfeln – zarte Blättchen beiseite legen. Frühlingszwiebeln waschen, welke Blätter entfernen, die Zwiebeln in feine Ringe schneiden.
Eigelbe, Senf und Honig verrühren, ein paar Kümmelsamen hacken und mit Kvass unter die Eigelbcreme rühren. Mit Salz und Pfeffer abschmecken. Die Kräuter waschen, zupfen und trockenschleudern. Mit allen anderen vorbereiteten Zutaten unter die Suppe rühren. Gut kühlen und zuletzt mit Sauerrahm und Kürbiskernöl anrichten.
PS: Wenn Sie die Eier so färben wollen, wie im Video zu sehen, kochen Sie eine Handvoll brauner Zwiebelschalen ein paar Minuten in 1-2 Litern Wasser. Währenddessen Eier mit kleinen Stücken von (kaputten) Damenstrümpfen und Kräutern einwickeln - dabei die Strümpfe schön fest an die Eier binden, dann bleiben die Eier unter den Blättern hell. Damenstrümpfe sind gut geeignet, weil sie sich schön dehnen lassen und dadurch später eng an den Eiern anliegen. Am schönsten sehen die fertigen Eier übrigens aus, wenn man braune Eier verwendet, nicht weiße - der Kontrast ist dann eleganter. Die vorbereiteten Eier im Zwiebelschalenwasser hart kochen, abschrecken, auspacken und eventuell. leicht ölen oder mit einer Speckschwarte einreiben - das muss aber nicht sein. Bei der Wahl der Kräuter sind Sie frei: Ich habe einfach morgens ein paar essbare Blätter im Garten gesammelt, besonders schöne Formen haben zum Beispiel Giersch, junge Erdbeerblätter, Löwenzahn oder Melisse - aber generell kann man alle Blätter verwenden, die nicht giftig sind (von Efeu zum Beispiel lieber die Finger lassen). Viel Spaß!