Wie die Massenmode auf den Hund kam, lässt sich deutlich leichter rekonstruieren als jede Infektionskette. Es war letzten Herbst, Pandemie-Peak, alle Welt, die sowieso schon sehr viele Hunde besitzt, hatte in diversen Lockdowns noch mehr Hunde gekauft. Damit sie mehr Gesellschaft, mehr Konsumware zum Bestellen und noch mehr Gründe zum Rausgehen hatten. In Deutschland konnte man so nächtliche Ausgangsbeschränkungen umgehen. Und in Spanien waren einige Vierbeiner wohl auch angeschafft worden, um überhaupt vor die Tür zu dürfen. Während der ganz strengen Ausgangssperre im Frühjahr erlaubte die Polizei Spaziergänge nur mit triftigem Grund. Gassigehen war ein triftiger Grund.
In Spanien leben ohnehin bereits mehr Hunde als Kinder unter 15 Jahren und so lancierte die Kette Zara Home, die bekanntlich aus diesem Land kommt, vergangenen September seine erste Hunde-Kollektion. Regenjacken, Steppmäntelchen, Spielzeug, Fellspray und so weiter. Offensichtlich ein Erfolg, denn nun bringt auch H&M ein immer größeres Angebot für Hunde heraus. Vorher hatte es bei der schwedischen Kette lediglich vereinzelte Teile gegeben. Etwa in der H&M x Moschino Kollektion 2018 sowie einen Partner-Pullover für Hund und Herrchen.
In der aktuellen Winterkollektion der Schweden mit dabei: jede Menge Jäckchen, Pullover und ein klassischer X-Mas-Jumper mit Rentieren sowie ein Weihnachtskostüm. Die perfekten Geschenke für die kleinen Lieblinge zum Preis von nur 12,99 beziehungsweise 19,99 Euro – und genau das, was noch gefehlt hat, um all die Familien-Grußkarten der nächsten Wochen komplett zu machen. Inzidenzmäßig mag es gerade nicht so gut aussehen, aber optisch wird dieses Fest tierisch gut.
Schon klar, dass Hundemode, genau wie Kleinkindsachen, nicht von den Betreffenden selbst sondern von ihren Haltern gekauft werden, im letzteren Fall auch Eltern genannt. Fragen kann man die eigentlichen Träger ja schlecht, was für die Marketingabteilungen sehr praktisch ist. Aber wollen Hunde wirklich die Weihnachtsmarotten ihrer Herrchen und Frauchen mitmachen? Gehört das auch zum Konzept »bester Freund des Menschen«? Irgendwo hört jede Freundschaft auf, womöglich bei einem lustigen Weihnachtsmännchen mit Leine, der auf den Rücken gespannt wird, damit es so aussieht, als sei der Hund ein Rentier. Hoho. Hihi.
Zur ausgleichenden Gerechtigkeit fordern wir an dieser Stelle wenigstens X-Mas-Jumper, Christkindl-Kostüm und Zimtmäuse als Massenware für Katzen. Die sind doch sowieso das eigentliche Trendtier der Stunde. Hape Kerkelings Buch Pfoten vom Tisch führt seit Wochen die Bestsellerlisten an, Michael Köhlmeier hat mit Matou gerade einen sehr langen Roman aus der Sicht einer Katze geschrieben. Womöglich würde sich diese Gattung ein bisschen mehr sträuben und sich mit allen Krallen gegen den roten Wams wehren. Aber es hilft nichts. An Weihnachten muss man zusammenhalten, in Krisenzeiten erst recht. Gibt danach auch Rentierragout.
Wird gekauft von: allen Bridget-Jones-Fans
Das sagt das Kind: »Struppi, du siehst echt wau aus!«
Das sagt der Hundemode-Designer: »Die Inspiration war ganz klar Billy Bob Thornton in Bad Santa«