Wie sehen Sie sich selbst?

Der Kunsthistoriker Bazon Brock im Foto-Interview über Ästhetik, das Wuppertaler Lebensgefühl – und darüber, an welcher Stelle er spürt, dass ein Werk wirklich gut ist.

Geboren: 2. Juni 1936 in Stolp, Pommern
Beruf: Künstler und Kunsttheoretiker
Ausbildung: Studium der Germanistik, Philosophie, Politikwissenschaften
Status: Künstler ohne Werk

Was auf den Fotos nicht unbedingt zu erkennen ist – Bazon Phönix Phlebas Brock, bürgerlich Jürgen Johannes Hermann Brock, ist erstens eine fast zwei Meter große Erscheinung und zweitens 83 Jahre alt. In der Kunstwelt ist er ein Unikat, angesiedelt irgendwo zwischen Lehre, Theorie und Aktion. Brock hat nie Kunst studiert, dabei gilt er gerade da als Experte. Als Vertreter der Fluxus-Bewegung beteiligte ­er sich in den Sechzigerjahren an Happenings mit Joseph Beuys und Friedensreich Hundertwasser, 1968 richtete er anlässlich der documenta 4 erstmals seine berühmte »Besucherschule« ein, in der er sein Verständnis der Kunstbetrachtung erläuterte. Eine Journalistin schrieb, seine Schüler hätten an seinen Lippen gehangen, »bis sie vor Erschöpfung auf dem Boden lagen«.

Je älter er wurde, desto mehr agierte Brock theoretisch, als Professor, Ermöglicher, leidenschaftlicher Antreiber – angeblich hat er rund 3000 Veranstaltungen organisiert. In Berlin ­betrieb er jahrelang die »Denkerei« am Oranienplatz, ein »Amt für Arbeit an unlösbaren Problemen und Maßnahmen der hohen Hand«. Zwar wurde sein Mietvertrag gerade gekündigt, unsere Fotos aber können wir dort noch machen – am Vorabend war Erwin Wurm bei Brock zu Gast, ein paar Stunden nach uns kommt Jonathan Meese.