Früher, als wir noch zu viert lebten, schenkten wir uns etwas, wenn es dafür einen Anlass gab. Geburtstage. Oder Weihnachten. Wenn jemand einen Zahn verloren hatte, kam die Zahnfee. Das ist jetzt anders. Ich schenke den Kindern ständig etwas und erkläre es zum Mitbringsel. Haarspangen. Halstücher. Glitzerstifte. Ich stehe in Läden und denke darüber nach, was ihnen wohl gefallen könnte. Manchmal sage ich laut: Nein, das sind Marthas Farben, Louise werden diese besser stehen. Ich erinnere mich beim Auswählen an ihre Größe, ihre Haarfarbe, an ihr Wesen, bis sie quasi neben mir stehen, meine Töchter. Ich möchte ihnen nah sein.
Manchmal komme ich dabei mit Verkäufern ins Gespräch die ich überzeuge, dass meine Kinder besonders schön, klug und tapfer sind. Nur der Mitarbeiter in der Zoohandlung bleibt ungerührt. Er ist groß, groß sind auch die Augen hinter seiner Brille. Er trägt Schnauzer und eine grüne Weste. Ich halte ihn auf. Ob so ein Goldfisch auch alleine klarkomme, frage ich ihn. Beim Herumschauen habe ich mir überlegt, wie sehr Martha sich freuen würde, wenn in unserem Zimmer auch ein Goldfisch wohnen würde. In einem Kugelglas. Ja, sagt der Fachangestellte, diese Fische kann man einzeln halten. In Leitungswasser? Der Mann in Grün holt Luft, erklärt und nimmt einige Packungen aus dem Regal, Produkte, die das Leben eines Goldfisches komfortabler machen würden. Ich finde, diese Dinge sind in der Summe ein bisschen teuer für ein wöchentliches Mitbringsel. Der Mann übertreibt sicher, denke ich und will herausfinden, auf was ich verzichten kann. Er wird misstrauisch. Wie groß denn das Aquarium sei, das ich habe? Mir wird warm. Ich weiß, ich muss jetzt lügen, das Wort Kugelglas besser nicht erwähnen. Ich zeige auf ein Aquarium neben mir im Regal und sage: So ungefähr. Das ist zu klein, sagt er, das muss mindestens einen Meter lang sein. Ich werde ärgerlich. Weiß man doch aus Filmen, dass Goldfische auch in Kugelgläsern leben können. Wir diskutieren. Schließlich sagt mein Gegenüber laut: Tut mir leid, ich kann Ihnen keinen Goldfisch verkaufen, da mache ich mich strafbar. Ich schiebe beschämt ab.
Auf dem Viktualienmarkt kaufe ich drei Forellen. Auch sie sind teurer als andere Mitbringsel, aber sie sind schon tot und brauchen weniger Platz als ein Goldfisch. Jede Woche denke ich, dass es Zeit sei für eine neue Normalität, dass ich weniger schenken sollte. Aber nichts fühlt sich normal an, als ich auf einer Reise durch Kopenhagen laufe und in den Läden Weingummi in ausgefallenen Formen und Farben sehe. Ich mache Fotos und schicke sie den Kindern. Leker, schreibt Louise zurück. Kurz vor meinem Abflug kaufe ich eine große Tüte. Gar nicht so leicht, mit einer groben Zange immer genau zwei Teile aus der gleichen Box zu greifen.
An der Sicherheitskontrolle im Flughafen sagt der Mann hinter dem Gepäckband: Tut mir leid, das können Sie nicht mit reinnehmen. Nein!, rufe ich und habe plötzlich das Gefühl, mein Mutterglück hängt an dieser Tüte. Ich breche in Tränen aus und heule um etwas, das ich früher nicht gekauft hätte, weil es ungesund ist. Ich habe doch nur einen Scherz gemacht, sagt er. Seine Kolleginnen grinsen. Ich bin zu erleichtert, um wütend zu sein.
Illustration: Grace Helmer