Name: Stefan Zahm
Geburtsdatum: 11.11.1977
Ausbildung: Studium Kommunikationsdesign, FH Mainz
Website: www.herrzahm.de, www.asphaltpartitur.de
SZ-Magazin: Für Ihr Projekt »Asphaltpartitur« sind Sie mehrere Wochen durch deutsche Städte von Dresden bis Heidelberg gereist und haben Straßenmusiker fotografiert. Was interessiert Sie an Straßenmusik?
Stefan Zahm: Ich mache selbst Musik und habe Straßenmusikern schon immer gerne zugesehen und zugehört. Man läuft gestresst durch die Stadt, weil man eigentlich einen Termin hat, hört plötzlich Musik und ist gleich viel besser gelaunt. Straßenmusik lebt ja immer auch von diesem Überraschungsmoment, ein Konzert zu hören, wo man es eigentlich nicht erwartet. Eine Mischung aus guter Musik und ein bißchen Show funktioniert meistens gut. Es gibt Musiker, bei denen nach kurzer Zeit eine Traube von Menschen steht, wenn sie anfangen zu spielen. Das finde ich schon beeindruckend. Straßenmusiker haben ja oft nur Sekunden, um ihre Zuhörer zu überzeugen.
Gab es unter den 160 Musikern jemanden, der Sie besonders beeindruckt oder berührt hat?
Musikalisch hat mich vor allem ein junger Mann (Bild 3) in Berlin beeindruckt, der auf einem bunten Haufen aus Konservendosen, Töpfen und Löffeln getrommelt hat. Die Musik war nicht nur irre schnell, sondern auch wirklich gut und zudem war die Idee toll. Ein anderer Musiker (Bild 11) hat mich persönlich beeindruckt, weil er seit 1980 Straßenmusik macht und davon lebt. Teilweise hat er auch zusammen mit seiner Tochter Soluna musiziert, die beim Eurovision Song Contest in Baku für Dänemark angetreten ist.
Sie haben die Musiker draußen vor einem weißen Laken fotografiert. Was war der Gedanke dahinter?
Ich wollte, dass die Musiker im Mittelpunkt stehen, auch wenn um sie herum gerade viel los ist. Auf Bildern, die ich ohne den Hintergrund gemacht hatte, standen die Portraitierten zu wenig im Fokus. Mit Hilfe des weißen Tuchs konnte ich sie quasi freistellen und trotzdem den Ort zeigen, an dem sie spielen. Mein Ziel war es, den Menschen hinter dem Musiker zu zeigen.
Wissen Sie was Straßenmusiker in deutschen Fußgängerzonen ungefähr verdienen?
Man hört ja immer wieder Zahlen, aber ob die stimmen weiß ich nicht. Über Geld habe ich mit den Musikern nicht gesprochen. Ich glaube, dass der Verdienst auch sehr unterschiedlich ist, je nach Tag und Ort. Die meisten Musiker verkaufen mittlerweile auch ihre eigenen CDs, was den Großteil ihrer Einnahmen ausmacht.
Die Musiker auf ihren Bildern sind ebenso unterschiedlich wie die Instrumente, die sie spielen. Gibt es etwas, das die Straßenmusiker verbindet?
Einige machen professionell Straßenmusik, wie die drei Männer in Uniform, die in einem Kosakenchor in Minsk singen und in ihrer Sommerpause in Dresden auf der Straße Opern zum Besten geben. Andere, wie die Gruppe mit den Alphörnern, die ich in Heidelberg fotografiert habe, treffen sich in der Fußgängerzone, um zu üben. Die Motive sind ganz unterschiedlich. Was aber die meisten schätzen, ist die Freiheit. Anders als in einer Band oder einem Ensemble können die Musiker auf der Straße ganz alleine entscheiden, wann und was sie spielen und ob sie weiterreisen oder in einer Stadt bleiben. In Leipzig habe ich einen Musiker getroffen, der grundsätzlich nur abends spielt, weil die Menschen dann weniger gehetzt sind.
Hat sich ihr Verhältnis zur Straßenmusik durch das Projekt verändert?
Ich höre nach wie vor gerne zu und werfe natürlich immer eine Münze in den Hut, wenn jemand musiziert und es mir gefällt.
Das Interview mit dem japanischen Straßenmusiker Koji Matsumoto lesen Sie hier.
Fotos: Stefan Zahm