Wen es in den letzten Tagen noch kurzentschlossen zum Straßenkarneval gezogen hat, dem hätten wir gern folgenden Kostümvorschlag gemacht: Gehen Sie als Mark Forster. Das Ganze ist ziemlich unaufwändig und die nötigen Zutaten finden sich ohnehin in fast jedem Haushalt.
Der deutsche Sänger und Songwriter hat in den vergangenen Jahren eine beachtliche Karriere hingelegt: mehrfach mit Platin ausgezeichnete Alben, einen offiziellen Fußball-EM-Hit (»Wir sind groß«) und Rollen in verschiedenen erfolgreichen TV-Formaten (u.a. bei Sing meinen Song – Das Tauschkonzert oder The Voice of Germany). Getragen hat er dabei immer das Gleiche: Drei-Tage-Bart, große dunkle Hornbrille, Baseball-Cap (vorzugsweise mit flachem, von unten grünem Schild), dazu irgendwas Halbmodisches wie Jeans- oder Stehkragenhemden oder gemäßigt geschnittene, dunkle Bomberjacken und Turnschuhe.
So einen sogenannten »Signature Look« für sich selbst zu erfinden, ist als aufstrebender Künstler nicht dumm. Man macht sich selbst zu einer Marke und bleibt so im Gedächtnis – niemand hat das jemals besser beherrscht, als Karl Lagerfeld mit seinem weiß gepuderten Pferdeschwanz, schwarzer Sonnenbrille und Vatermörder-Kragen. Nur, dass Fosters Outfit so wenig herausragend ist, dass man tatsächlich kaum weiß, ob er auf der Straße ohne oder mit Kappe weniger schnell erkannt würde, da ohnehin halb Berlin so rumläuft.
Gefunden zu haben scheint er seine Standard-Kluft irgendwann nach seinem ersten Album, auf dessen Cover er tatsächlich noch Blazer und Strickmützchen trug. Sein Bart ist laut eigener Aussage ein Überbleibsel vom einst gelaufenen Jakobsweg, von dem er außerdem den Entschluss mitnahm, sich ganz der Musik zu widmen. Und mit seinen ständigen Kopfdeckungen kaschiere er sein »lichter und grauer werdendes Haar«, wie er mehrfach äußerte. Wenn er eine Kappe aufsetze, habe er einfach ein Problem weniger.
Dieses Argument ist nachvollziehbar und bekannt, üblicherweise wird es von prominenten Sich-immer-gleich-Kleidern jedoch genutzt, um zu erklären, dass man dank Einheitslook die zeitaufwändige Frage umgehe, was man denn nun bitte jeden Tag anziehen solle. Vertreter dieser These waren schon Mark Zuckerberg, Barack Obama, und auch Steve Jobs dürfte Ähnliches angetrieben haben.
Doch Foster passt nicht ganz in diese Reihe. Zuckerbergs graues T-Shirt, Obamas blaue Anzüge zu Präsidentschaftszeiten, Jobs schwarzer Rolli und graue New-Balance-Turnschuhe: Das waren und sind »Normcore«-Uniformen: Die Träger dieser Art von zeitloser Kleidung wollten sich bewusst zurücknehmen, regelrecht unsichtbar werden, um möglichst ihre Funktion in den Vordergrund zu stellen. Forsters Look sagt etwas anderes: Er möchte dazugehören, in diesem Fall wohl zur Gruppe cooler Werber, junger Start-Up-Gründer oder beliebter TV-Stars.
Hornbrille, Kappe, Slimfit-Hemd, schmale Jeans und bunte Turnschuhe – man kennt dieses Outfit auch von Fernsehleuten wie Luke Mockridge oder Joko und Klaas. Es ist trendbewusst, aber eckt nicht an, ist massentauglich und ein bisschen egal. Stoff gewordenes Privatradiogedudel: Stören hier immer gleich aufgebaute Lieder nicht das Ohr, stören dort nicht ungewöhnliche Muster, Schnitte oder Texturen das Auge. Insofern ist Mark Forsters Kleidung genial gewählt, sie passt zu seinen Songs.
Wird getragen von: Beschäftigten bei Jung von Matt; Studenten der Pop-Akademie in Mannheim
Wird getragen mit: Print-Shirts mit vermeintlich witzigen Sprüchen
Die Song-Antwort dazu: »Au Revoir«, Mark Forster