Japanisches Ei, in Teeschale gedämpft

Von wegen Eierstich: Unser Kolumnist hat eine japanische Methode ausprobiert, Eier behutsam stocken zu lassen. Perfekt fürs Weihnachtsmenü – oder ein gemütliches Frühstück am Morgen danach.

Chawanmushi: mit Mangold, Linsensprossen und Lauchzwiebeln ein Genuss.

Text, Foto & Video: Hans Gerlach

So zart wie die Erinnerung an einen Sonnenstrahl im Frühlingswald schmeckt Chawanmushi, gleichzeitig so rund und gemütlich wie Nudelsuppe auf der Couch. Beim japanischen »in Teeschale Gedämpften« geht es prinzipiell um sensibel gestocktes Ei. Ein Vergleich mit Eierstich liegt nahe und wäre doch eine Beleidigung für die japanische Interpretation. Europäischer Eierstich wird zwar ähnlich gegart, aber viel fester und meist neutral gewürzt. Für Suppeneinlagen kann man ihn in Würfel schneiden – das wäre mit Chawanmushi völlig undenkbar, viel zu empfindlich. Schon vor ein paar Jahren war ich begeistert von Chawanmushi, habe dann aber länger gezögert selber eines zu kochen. Ich hatte Sorge, dass sich Ei und Brühe vielleicht trennen oder das Ei ausflockt beim Dämpfen. Dabei ist es ganz einfach: das Verhältnis zwischen Ei und Brühe ist entscheidend – ich habe das richtige gefunden. Die Gartemperatur spielt sicher auch eine Rolle, ist aber nicht so entscheidend, wie ich vorher dachte. Eine Kerntemperatur von 82 Grad ist das Ziel, ein paar Grad hin oder her machen das Chawanmushi nicht kaputt. Wer ein Küchenthermometer hat, kann spaßeshalber die Kerntemperatur messen – Sie können aber auch einfach an die Tasse wackeln, dann sieht man sehr gut, ob die Flüssigkeit schon gestockt ist oder noch nicht ganz.

Es gibt tatsächlich spezielle Teetassen mit Deckel, um Chawanmushi zuzubereiten, doch eigentlich eignet sich jede Schale mit ungefähr ¼ Liter Fassungsvermögen. Sind die Wände sehr dick, dauert das Dämpfen ein paar Minuten länger. Schwieriger ist die Auswahl eines geeigneten Dämpfers: Wer einen Dampfbackofen hat, ist fein raus, einfach die Schalen hineinstellen und mit kleinen Tellerchen oder Untertassen zudecken, dämpfen. Asiatische Dämpfkörbe sind auch gut, meine waren etwas flach, Tellerchen hätten als Deckel nicht mehr auf die Schalen gepasst (im Video haben wir gemogelt). Deshalb musste ich die Schalen ausnahmsweise mit Folie zudecken. Und es gibt natürlich jede Menge Kochtöpfe oder Woks mit allerlei Dämpfeinsätzen, man kann auch ein Gitter in einen breiten Topf stellen – irgendeine Lösung findet sich immer. Die Einlage können Sie variieren, Lauch passt sehr gut, Riesengarnelen werden oft verwendet – die rote Farbe der Mangoldstiele war hier nicht ganz ideal, weißer oder gelbstieliger Mangold wäre noch besser. Für einen Knsupereffekt könnten Sie statt Linsensprossen auch Chili Crunch verwenden. Mit den richtigen Schalen und einer guten Idee für den Dampf ist Chawanmushi ein wunderbarer, flexibler und sehr einfacher kleiner Gang für ein Fest-Menü und auch für ein gemütliches Frühstück.

Chawanmushi mit Mangold

Zubereitungszeit
40
Gesamtzeit
50
Schwierigkeit

Zutaten:

Für 4 Personen
  • 450 ml Gemüse- oder Hühnerbrüher Gemüsebrühe, Hühnerbrühe
  • 1 Stück Bio-Kombu-Alge (ca. 8 x 8 cm) Kombu-Alge
  • 250 g Mangold (oder 200 g TK-Blattspinat für 4 Pers.) Mangold, Spinat
  • 1 EL Butter
  • Salz, Pfeffer
  • 3 Eier (M) Ei
  • 1 EL helles Miso Miso
  • 100 g Linsensprossen (kaufen oder selber ansetzen), Alternative: 30 g Alfalfa-Sprossen Linsensprossen
  • 100 ml Rapsöl oder ein anderes hoch erhitzbares Öl Rapsöl
  • 1 Lauchzwiebel

1. Brühe mit dem Kombu aufkochen, ausschalten und 20 Minuten ziehen lassen. Mangold waschen, die Stiele aus den Blättern heraus und dann in Scheiben schneiden. Blätter ein paarmal durchschneiden, beides zusammen mit etwas Butter 5 Minuten in einem Topf mit Deckel dünsten, dabei leicht salzen (oder Spinat auftauen, ausdrücken und mit Butter einmal kurz erhitzen). In 4 kleine Schalen oder Tassen verteilen.

2. Die Brühe abgießen, 400 ml abmessen, etwas abkühlen lassen, so dass das Ei in der Brühe nicht gleich gerinnt. Dann mit Ei und Miso verquirlen, in die Schalen verteilen. Die Schalen zudecken – mit einem kleinen Unterteller, oder notfalls mit Folie. In einen Dämpfkorb oder Dämpfeinsatz stellen und je nach Dicke und Form der Schalen etwa 18 Minuten über einem passenden Topf mit etwas kochendem Wasser dämpfen, man kann auch gut zwei Dämpfkörbe mit je 2 Tassen stapeln, dabei nicht ganz auf höchster Stufe kochen lassen.

3. Linsen- oder Alfalfasprossen mit dem Öl bei eher starker Hitze in zwei oder drei Portionen knusprig braten, jeweils mit einem Schaumlöffel aus der Pfanne heben und auf Küchenpapier abtropfen, leicht salzen. Die Lauchzwiebel putzen und fein schneiden. Mit den Linsensprossen auf die fertigen Chawanmushi verteilen und gleich servieren.