Viele Äpfel schmecken im Moment vor allem mehlig, zumindest europäische Äpfel. Die Ernte war im Herbst, seitdem vegetieren die Früchte in irgendeinem Keller vor sich hin. Spätestens wenn sie nach ein paar Tagen im Haushalt kollabieren, macht es keinen Spaß mehr, sie zu essen. Apfelproduzenten lagern einfach nicht die richtigen Sorten – Braeburn und Co. schmecken kurz nach der Ernte am besten. Dabei gibt es seit Jahrhunderten auch Apfelsorten, die extra dafür gezüchtet wurden, sich möglichst lange im Keller zu halten – Sorten wie Boskoop, Renette oder Bohnapfel sollen sogar eine Weile nachreifen, bevor sich ihr Aroma voll entfaltet.
In meinen kleinen Garten habe ich vor zwei Jahren einen Apfelbaum gepflanzt, zum Gedenken an Korbinian Aigner, einen aufrechten Pfarrer, Künstler und Pomologen. Aigner wurde von den Nazis verhaftet und ins KZ Dachau gesteckt. Dort züchtete er zwischen den Baracken vier neue Apfelsorten, den heutigen Korbiniansapfel nannte Aigner »KZ 3«, eine aromatische Sorte, die besonders gut schmeckt, wenn sie einige Zeit im Vorratskeller verbrachte. Stecklinge davon nahm Pfarrer Aigner kurz vor Kriegsende auf einem der sogenannten Todesmärsche mit, bei Starnberg konnte er flüchten. Wenig später trat er seine alte Pfarrstelle wieder an und pflanzte die Stecklinge ein – heute kann man sie bei wenigen Baumschulen bestellen, zum Beispiel hier. Mehr zur Geschichte und wie der Korbiniansapfel auf die documenta kam steht hier. Bis jetzt hat der Korbiniansapfel bei mir noch nicht geblüht, aber sobald der Baum irgendwann Äpfel trägt, werden sie wohl bis zum Mai des Folgejahres ihre Frische bewahren.
Doch auch wenn die richtigen Apfelsorten gut gelagert werden, wenn sie aromatisch und nicht mehlig schmecken – die Früchte verlieren trotzdem Feuchtigkeit im Keller. Dadurch konzentriert sich das Aroma, aber gleichzeitig wird das Fruchtfleisch ein wenig gummiartig. Gut für Kompott und Kuchen, aber nicht so sehr um kraftvoll in einen knackigen Apfel zu beißen. Diesen Lagerungseffekt will ich nutzen und sogar noch verstärken, deshalb schneide ich neuerdings Apfelviertel mit vielen Schnitten ein. So vergrößert sich die Oberfläche und ich kann die Früchte im Ofen gut trocknen, backen und gleichzeitig mit Kakaonibs, Zucker und Butter würzen – der Zucker wird knusprig, die Äpfel al dente und auf einem Milchbrötchen-French-Toast ist das ein schnelles Sonntagsfrühstück oder Dessert.
Kellerapfel von Hans Gerlach from Süddeutsche Zeitung Magazin on Vimeo.
Kelleräpfel – Hasselbackstyle
Für 6-8 Personen
4 Kelleräpfel
2 EL Kakaonibs
4 EL Zucker
4 EL Butter
4 längliche Milchbrötchen oder 200 g Hefezopf oder übriggebliebene Krapfen
3 Eier
125 g Sahne
8 Kugeln Vanilleeis, Walnusseis oder 250 g griechischer Joghurt
Die Äpfel schälen, vierteln und entkernen und mit der Innenseite nach unten auf ein Schneidebrett legen und eng nebeneinander tief einschneiden aber nicht durchschneiden. Kakaonibs im Mörser oder im Blitzhacker etwas kleiner schroten, mit dem Zucker mischen. Apfelstücke biegen, so dass die Schnitte sich öffnen. Mit Kakaonib-Zucker bestreuen und auf ein Backblech mit Backpapier setzen. Im Ofen bei 60 Grad etwa 2 Stunden dörren.
Danach die Butterflocken auf den Äpfeln verteilen und auf der mittleren Schiene in den Ofen schieben. Jetzt erst den Ofen auf 180 Grad Umluft hochschalten. Die Milchbrötchen aufschneiden, dabei den Boden und die Rinde an der Oberseite ganz dünn abschneiden. Eier und Sahne verquirlen, Milchbrötchen durch die Mischung ziehen, sobald die Ofentemperatur 180 Grad erreicht hat, die Milchbrötchen mit aufs Blech legen und noch etwa 20 Minuten backen, dabei immer wieder mit Butter übergießen.
Jeweils eine Kugel Eis oder einen Klecks Joghurt auf den Milchbrötchen verteilen und zwei Apfelstücke aufsetzen. Heiß servieren.