Spaghetti mit Kimchi und Knusper-Huhn 

Klingt für Sie nach kulinarischem Widerspruch? Dann probieren Sie mal. Die frische Säure des Kohls und die Kimchi-Gewürze Chili und Knoblauch schmecken nämlich hervorragend zu Nudel und Huhn.

Knusprig und schlotzig: Crispy Chicken Spaghetti mit Sofritto

Text, Foto & Video: Hans Gerlach

Der Unterschied zwischen so lala und sehr gut liegt bei vielen Pastasaucen in einem ordentlichen »Soffritto« – hier ein sommerliches Beispiel. Wenn Pasta lasch schmeckt, fehlt meistens Salz im Nudelwasser (8 Gramm pro Liter sind gut) oder es fehlt das Sofritto für die Sauce. Dafür werden mediterrane Kräuter, Knoblauch, Peperoncino oder Fenchelsamen in Olivenöl kurz angebraten, so dass sich die ätherischen Öle aus den Gewürzen sehr gut im Öl lösen und entfalten können – bevor irgendeine Flüssigkeit in die Sauce kommt. Für meine Spaghetti mit Crispy Chicken passiert der längste Teil des Kochvorgangs bevor ich das Sofritto ansetze, denn es geht mir darum, wirklich sehr knusprige Hühnerstückchen zu braten. Das dauert eine Weile und dabei tritt reichlich duftendes Hühnerfett aus – man braucht also nur einen Schuss Olivenöl am Anfang bis alles schön brutzelt, für das Soffritto bleibt später genug Hühnerfett in der Pfanne. Und sobald die Gewürze braten, ist die Pasta dann auch schon fast fertig – jetzt geht alles ganz schnell. Während die Arbeit an einer Pastasauce also normalerweise mit dem Sofritto beginnt, kehre ich hier die Reihenfolge um.

Eine Zutat wirkt vielleicht etwas ungewöhnlich in Verbindung mit Spaghetti: Kimchi erwarte ich erstmal nicht in einer traditionell bestückten italienischen Speisekammer (obwohl es sicher auch viele Italiener gibt die gerne mit Kimchi kochen). Aber die Küche entwickelt sich weiter und evolutionäre Prozesse finden oft an den Rändern biologischer oder kultureller Zusammenhänge statt – München als »nördlichste Stadt Italiens« ist für mich der perfekte Ort um darüber nachzudenken, ob und wie Kimchi mit Huhn und Spaghetti harmonieren könnte. Die frische Säure des Kohls in Verschmelzung mit den Kimchi-Gewürzen Chili und Knoblauch schmeckt nämlich sehr gut mit Huhn und Nudel.

SZ-Magazin-Redakteur Lars Reichardt und ich haben vor einiger Zeit ein inspirierendes Interview mit David Chang geführt. Der berühmte Gründer der Momofuku Noodlebar in New York, Moderator und Produzent einer sehr guten Food-Serie, »Ugly delicious«, hat ein neues Buch geschrieben: »Zuhause kochen«. Wir sprachen auch darüber, wie wichtig »Authentizität« in der Küche sei. Wenn man zum Beispiel ein traditionelles italienisches Pastarezept kocht und dabei leicht verändert, dann verurteilen manche Menschen die Abweichung vom vermeintlichen »Originalrezept«, ohne überhaupt darüber nachzudenken, geschweige denn auszuprobieren, ob die Veränderung vielleicht eine Bereicherung sein könnte. Für mich ist es wichtig, die traditionellen Techniken und Rezepte für Spaghetti Carbonara, Dresdener Stollen oder Wiener Schnitzel zu bewahren, aber gleichzeitig hält es kulinarische Traditionen lebendig, wenn man sie entwickelt, erweitert, verfeinert. Chang formulierte es noch etwas deutlicher: »Authentizität ist ein verdammter Schwachsinn, oder? Der einzige Grund, wann Authentizität gut ist, ist, wenn man Kultur bewahren muss. Alles andere ist ein Marketingbegriff.« Probieren Sie bitte Spaghetti mit Kimchi und lesen Sie das Interview mit David Chang.

Spaghetti Crispy Chicken mit Sofritto

Zubereitungszeit
45
Gesamtzeit
20
Schwierigkeit

Zutaten für 2-3 Personen:

Für 4 Personen
  • ca. 600 g Huhn mit Haut, am besten Flügel, Keulen, Reststückchen – die Brustfilets für ein anderes Rezept verwenden Huhn
  • Salz
  • 3 EL Olivenöl
  • 2 Zweige Rosmarin
  • 1 Tomate
  • 3 EL Kimchi (fertig kaufen oder selber machen – in dem Fall etwas mehr Knoblauch zugeben und Chinakohl verwenden) Kimchi
  • 1 TL  Chiliflocken – je nach Vorliebe und Chilisorte kann das auch mehr oder weniger sein Chiliflocken
  • 1-2 EL Fischsauce z. B. italienische Fischsauce Colatura di Alici Fischsauce
  • 2 EL Balsamessig Balsamico
  • 50 g Butter
  • 250 g lange Pasta, z. B. Spaghetti – am besten eine Sorte mit rauer Oberfläche, die etwas Stärke ans Kochwasser abgibt Spaghetti

1. Die Knochen aus den Hühnerkeulen herausschneiden, das muss nicht besonders elegant aussehen. Am Ende brauchen wir aus jeder Keule etwa 4 Stücke. Mit den Flügeln salzen und mit dem Olivenöl in einer passenden Pfanne auf der Hautseite bei mittlerer Hitze ganz langsam knusprig braten – dabei hilft es, wenn ein Spritzschutz auf der Pfanne liegt und auf dem Spritzschutz ein Deckel, der einen größeren Spalt offen lässt. Nach etwa 25 Minuten sollen die Hühnerstücke knusprig und dunkelgolden braun sein. Umdrehen und ohne Deckel noch 10 Minuten fertig braten.

2. Während das Huhn brät, alles andere vorbereiten: Rosmarinnadeln hacken, Kimchi etwas gröber hacken, die Tomate würfeln. Spaghetti in Salzwasser bissfest kochen. 

3. Hühnchen aus der Pfanne nehmen, die Knochen aus den Flügeln schneiden oder ziehen, das Fleisch ein paarmal durchschneiden. Gleichzeitig die gehackten Zutaten mit der Tomate ins Hühnerfett geben, kurz anbraten. Dann mit Fischsauce und Balsamessig ablöschen, etwa 150 ml Nudelwasser zugeben. Die Spaghetti abgießen (falls das nicht schon passiert ist), etwas Kochwasser aufheben. Mit dem Huhn und Butterstückchen in die Pfanne geben, alles gut durchschwenken, evtl. noch zwei oder drei Löffel Kochwasser zugeben, anrichten und mit Bröseln bestreuen.

Tipp: Brotbrösel rösten

Trockenes Weißbrot eher grob und nicht ganz regelmäßig reiben oder im Blitzhacker zerkleinern. 1 Knoblauchzehe mit Schale quetschen. Brösel mit 3 EL Olivenöl und der Knoblauchzehe goldbraun rösten, oft umrühren.