Bittere Noten sind zwar nicht aus unserem Leben, aber doch von unseren Speiseplänen weitgehend verschwunden. Dabei kann eine Prise Bitterkeit den Geist und die Verdauung anregen. Am besten wirken Puntarelle – eine Zichorienart – oder bittere Aperitifs übrigens vor dem Essen, nicht erst wenn man von Käsefondue oder Weihnachtsgans völlig ermattet im Sofa hängt. Neben Artischocken und Rucola sind Puntarelle romane mein Lieblingslieferant von zarten Bitterstoffen aus Gemüse. Das Grundrezept für die Zubereitung dieser superknackigen Schein-Zichorie habe ich vor einiger Zeit schon beschrieben, aber inzwischen gibt es ein neues Rezept und neue Erkenntnisse: In der Gegend von Rom werden die Puntarelle erst geschnitten, dann in Wasser gelegt, dabei rollen sich die Gemüsestreifen auf – hübsch, aber eigentlich unnötig. Allerdings lösen sich im kalten Wasser auch Bitterstoffe, mit dem kalten Bad können Sie diese ausschütten und so das Maß der Bitterkeit begrenzen. Kinder oder Jugendliche zum Beispiel mögen ihr Essen in der Regel weniger bitter als Erwachsene, ganz einfach weil ihre Geschmacksknospen mehr davon schmecken.
Ich wässere meine Puntarelle zwar selten, aber bisher sind die noch viel intensiveren, dunkelgrünen Blätter der Puntarelle oft auf meinem Kompost gelandet. Weil sie mir dann doch zu bitter waren, zumindest roh und pur. Seit einiger Zeit verwende ich diese Blätter aber separat, koche sie kurz in Salzwasser, gieße die Blätter ab und gebe sie dann mit anderem Gemüse in Pastasaucen oder Gemüsegratins. Das schmeckt wunderbar zartbitter, und vermeidet Lebensmittel-Verschwendung.
Das römische Grundrezept interpretiere ich als eine Art leichten Brotsalat und ergänze es mit Zitrusfrüchten. Das klingt wie eine eher kleine Veränderung, die fruchtige Frische der Orangenscheiben und der Duft der Zitronenschalen geben dem Salat jedoch eine völlig neue Dimension.
Brotsalat mit Puntarella-Zichorie und Zitrusfrüchten
Zutaten:
- 1 Kopf Puntarelle romane (auch als Vulkanspargel oder Spargel-Chicorée im Handel), alternativ ein anderer bitterer Salat Ihrer Wahl wie Chicorée oder Radicchio Puntarella, Chicorée, Salat
- 1/8 Knoblauchzehe (oder eine Salatschüssel mit einer Knoblauchzehe ausreiben) Knoblauch
- 8 Sardellenfilets in Öl (für eine vegane Version, stattdessen eine kleine Handvoll geröstete Pekannüsse oder Kürbiskerne zugeben) Sardelle, Pekannuss, Kürbiskern
- 1 Bio-Meyer-Zitrone (oder eine andere tolle Bio-Zitrone, Bergamotte habe ich auch schon probiert, auch sehr fein) Zitrone, Bergamotte
- 1 Blutorange oder Orange Blutorange, Orange
- Salz, Pfeffer Salz, Pfeffer
- 8 EL Olivenöl
- 150 g (Sauerteig-)Weißbrot Brot, Weißbrot
1. Den Strunk der Puntarelle abschneiden, dunkelgrüne, äußere Blätter entfernen. Die inneren Spitzen voneinander lösen, den harten Stielansatz von jeder einzelnen Spitze abbrechen oder abschneiden. Puntarelle mit einem kleinen Küchenmesser längs in schmale Streifen schneiden (es gibt dafür in Italien auch einen speziellen Puntarelle-Schneider, den braucht es aber höchstens für größere Gästescharen). Zarte, grüne Blätter zu den geschnittenen Puntarelle geben (große Blätter als Gemüse oder mit Pasta verarbeiten, siehe oben).
2. Knoblauch hacken, Sardellenfilets ein paarmal durchschneiden. Meyer-Zitrone waschen, trockenreiben und die Schalen hauchdünn abreiben oder noch besser abschälen – das ist gar nicht so einfach, weil Meyer-Zitronen sehr dünne Schalen haben, lohnt sich aber. Die Zitronenschalen quer in möglichst dünne Streifen schneiden. Den Saft auspressen. Die Orange schälen – die wolligen, weißen Stücke je nach Geduld mehr oder weniger gründlich abschaben. Die Orange in Scheiben schneiden. Mit Puntarelle, Knoblauch, Sardellen, Zitronenschalen und Zitronensaft mischen, mit Salz und Pfeffer würzen. Die Hälfte des Olivenöls zugeben.
3. Das Brot in fingerdicke Scheiben schneiden, die Scheiben in kleinere Stücke zupfen, mit dem restlichen Olivenöl goldbraun braten. Mit den Puntarelle mischen und sofort servieren.