Einmal im Jahr fotografiere ich einen ganzen Tag lang Hackfleischgerichte für einen meiner Fotokunden. Klar, wer von uns hat keine Kindheitserinnerungen an besonders gutes Essen mit Hackfleisch in einer tragenden Rolle? Fleischpflanzerl oder Lasagne sind typische Beispiele. Die Tradition hat sicher auch mit Kosten zu tun, Fleischpflanzerl stammen aus einer sparsamen Küche, in der Fleisch mit Brot gestreckt und allerlei Reste im Fleischpflanzerl versteckt wurden. Bei der Lasagne sind es Tomaten und Mehlschwitze, die das Fleischaroma verlängern. Wunderbar lecker - und eben nicht teuer. Übrigens auch kompatibel mit einer Ernährungsweise, die unsere Umwelt schont – dann sollte die Menge meines Rezeptes allerdings für 6 Personen als Sonntagsbraten reichen. Mehr zu einer Ernährung, die gut für uns, aber auch gut für den Planeten ist, finden Sie hier.
Kürzlich war es wieder so weit und am Abend nach dem Fotoshooting überlegten wir – Foodstylist Nils, Assistentin Ewelina und ich – uns bei einem Feierabendbier ein bayerisch-vietnamesisches Fleischpflanzerl. Eine Art außergewöhnlich saftiges Bo La Lot sollte es sein, das ist eines der vietnamesischen Nationalgerichte. Wir mussten die Idee sofort ausprobieren, weil uns schon beim Palavern das Wasser im Mund zusammenlief. Hier ist das Ergebnis: Der bayerisch-mitteleuropäische Anteil sind vor allem Brot und Ei im Hack, damit die kleinen Buletten gleichzeitig schön locker und saftig werden. Die vietnamesische Küche liefert die Würze. Dazu passen knackige Ergänzungen wie ein ganz einfacher bayerischer Krautsalat oder eine bunte asiatische Fingerfood Combo in der Richtung eines Papayasalates. Wer es ganz besonders gut machen will, dämpft dazu noch ein paar Bao Buns (Wasser statt Rotkohlsaft!) - dann fehlen nur noch Geldgeber, Businessplan und ein Foodtruck für ein florierendes Foodie Startup. Viel Glück!
Vietnamesisch-bayerische Fleischpflanzerl
Zutaten für 4 Personen:
- 600 g Hackfleisch (Schwein oder Rind und Schwein gemischt - vietnamesiche Bo La Lot sind aus Rindfleisch, Schwein macht es aber saftiger)
- Salz
- 100 g trockenes Weißbrot ohne Rinde (entspricht etwa 2 Semmeln je 60-80 g wenn die Rinde noch dran ist)
- 1 Zwiebel oder ein paar lila Thaischalotten
- 2 Knoblauchzehen
- 2 Stängel Zitronengras
- 2 EL getrocknete Garnelen oder 75 g Räucherspeck
- 3-4 Stängel Senfkraut (Rau Cai) oder 1 Blatt Chinakohl oder 1 Blatt Kohl
- 1/2 Bund rotes Perillakraut (Rau Tia To) oder Koriander
- 4 EL Rapsöl o.ä.
- 2 EL Zucker
- 1 EL Kurkuma
- 1 TL Piment
- 2 EL Fischsauce oder Sojasauce
- 1 Ei (M)
- 1 EL Chilipaste (koreanische Kochujang-Chilipaste lässt sich besser dosieren als viele vietnamesische Saucen)
- 1 EL Butter
Hackfleisch mit einem gestrichenen Teelöffel Salz mischen und ins Tiefkühlfach stellen. Weißbrot in dünne Scheiben, dann in fingerbreite Streifen schneiden. 175 ml Wasser aufkochen und über das Brot gießen. Zudecken und etwa 30 Minuten einweichen.
Zwiebel (oder Schalotten) und Knoblauch schälen. Die Zwiebel halbieren und fein würfeln. Knoblauch und getrocknete Garnelen hacken. Die äußeren Blätter vom Zitronengras entfernen, den Rest der Länge nach vierteln und sehr fein schneiden. Senfkraut und Perilla oder Koriander waschen und trockenschütteln, die Blättchen zupfen und fein hacken.
Zwiebel, Knoblauch und Garnelen mit 1-2 EL Öl in einem kleinen Topf oder einer kleinen Pfanne 2-3 Minuten glasig dünsten. Zucker unterrühren und schmelzen lassen. Zitronengras, Senfkraut, Perilla oder Koriander und Kurkuma unterrühren, ein paar Sekunden mitdünsten, dann mit Fisch- oder Sojasauce ablöschen und abkühlen lassen.
Weißbrot leicht ausdrücken, die Masse mit dem Ei, Hackfleisch, Chilipaste und der Zwiebel-Masse in eine Schüssel geben, salzen. Alles zusammen mit einer Hand oder mit den Knethaken einer Teigmaschine verkneten, bis sich alles schön verbindet. Das dauert ein paar Minuten und klappt am besten, wenn das Fleisch sehr kalt ist, aber auch die anderen Zutaten zumindest auf Zimmertemperatur abgekühlt sind. Der perfekte Pflanzerlteig bekommt dabei eine matt-seiden-glänzende Oberfläche. So werden die Pflanzerl später besonders saftig, weil das Fleisch alle Feuchtigkeit gut bindet.
Mit nassen Händen 16 kleine Fleischklöße formen, flach drücken, so dass die Frikadellen etwa 2 cm hoch werden. Das Öl bei großer Hitze in einer großen Pfanne erhitzen. Die Frikadellen in die heiße Pfanne legen, auf mittlere Hitze zurückschalten und etwa 8 Minuten braten. Wenden, die Butter zugeben und 6 Minuten fertig garen. Dabei ab und zu mit dem Bratfett begiessen.
Warm oder kalt servieren, z.B.: einfach mit einem Krautsalat – oder – wie auf dem Foto - mit Bao Buns (Wasser statt Rotkohlsaft!), Chilisauce, gezupften Kräutern und etwas geraspelter halbreifer Mango.