Die Nachtisch-Revolution

Keine Gelatine, kein Ei, keine Stärke – und trotzdem wird diese einfache Zitronencreme zauberhaft zart, glatt und cremig. Glauben Sie nicht? Unser Kochkolumnist kann es selbst kaum glauben. Hier ist sein Rezept.

Zitronencreme ohne alles: ohne Gelatine, ohne Ei, ohne Stärke.

Foto: Hans Gerlach

Zu Recht gehört Panna Cotta zu den Klassikern der italienischen Küche – wenn das Verhältnis zwischen Sahne und Gelatine stimmt, dann ist die Panna Cotta ein Dessert, das schmeichelnd zwischen Gaumen und Zunge zergeht. Eine perfekte Version mit einem ganz besonderen Aroma habe ich hier einmal vorgestellt. Aber der Name »Gekochte Sahne« deutet darauf hin, dass mit dem heute gebräuchlichen Rezept etwas nicht stimmt: Wir kochen die Sahne zwar kurz auf, doch gebunden wird die Creme mit Gelatine und technisch betrachtet könnte man die Gelatine auch mit ganz wenig Flüssigkeit auflösen und dann in die kalte Sahne rühren. Wenn man den Namen Panna Cotta ernst nimmt, liegt der Gedanke nahe, dass es früher mal eine elegantere Version des Rezeptes gab – ohne zusätzliche Bindemittel. Eigentlich müsste es nämlich möglich sein, die Sahne einzukochen, bis sie beim Abkühlen von selber fest wird. Ich habe es probiert: das Ergebnis ist sehr fett und erinnert an irgendetwas zwischen Dosenmilch und Mascarpone. Ein historisches Rezept habe ich bisher weder in meinem – sehr weitläufigen - Kochbuchregal, noch im Netz gefunden, obwohl ich ganz gut italienisch spreche. Vielleicht hatte die heutige Panna Cotta einfach keine Vorläufer und der Name hat keine tiefere Bedeutung. Trotzdem fasziniert mich die Idee einer Creme ohne zusätzliche Bindemittel.

Ganz unerwartet kommt die Lösung aus England, dort ist vor ein paar Jahren ein mittelalterliches Getränk namens Posset als Dessert wieder aufgetaucht. Dafür wird Sahne ein wenig eingekocht und dann mit Zitronensaft verrührt. Ich hätte erwartet, dass die Sahne ausflockt wie alte Milch im Kaffee. Doch oh Wunder: nichts flockt aus und beim Abkühlen entsteht eine zauberhafte Creme, ganz zart, glatt und so cremig, wie es eine Panna Cotta nie sein kann. Wie das funktioniert ist mir ein Rätsel, doch egal – die Zitronencreme schmeckt großartig.

Rezept für Zitronencreme

Für 6 Portionen

  • 500 ml Sahne (wenn mgl. 32% Fettgehalt)
  • 2 saftige Bio-Zitronen
  • 120 g Zucker
  • Prise Salz

Marinierte Kirschen

  • 250 g Kirschen (toll mit Sauerkirschen, aber Süßkirschen, Aprikosen, Pfirsiche gehen auch, dann etwas weniger Zucker nehmen)
  • 1 EL Zucker
  • 2 cl Limoncello
  • 12 Cantucci

Die Sahne in einem breiten Topf 10 Minuten auf mittlerer Stufe einkochen – so dass die Sahne stark blubbert, ohne überzukochen. Vorsichtshalber einen Schneebesen in den Topf legen, damit man schnell rühren und gleichzeitig pusten kann, falls die Sahne doch droht überzukochen.

Zitronen waschen, die Schale fein abreiben, 90 ml Saft auspressen. Saft und die Hälfte der Zitronenschale mit dem Zucker kochen bis sich der Zucker gelöst hat. Die kochende Sahne unterrühren, vom Herd nehmen und 15 Minuten ziehen lassen ab und zu umrühren. Die Mischung durch ein feines Sieb giessen, in sechs Gläschen verteilen, sobald die Creme etwa Zimmertemperatur erreicht hat in den Kühlschrank stellen. Nach etwa zwei Stunden ist die Creme fertig, zugedckt hät sie sich ein paar Tage im Kühlschrank.

In der Zwischenzeit die Kirschen marinieren: Kirschen waschen und entsteinen, große Kirschen halbieren, mit Zucker und Limoncello mischen, ziehen lassen. Kirschen, Cantucci und restliche Zitronenschale auf der fertigen Creme verteilen, dabei die Cantucci eventuell leicht zerbröseln.


Posset: Englische und amerikanische Rezepte verwenden Sahne mit höherem Fettgehalt und die meisten sind viel zu süß – deswegen habe ich den Zuckergehalt reduziert und die Kochzeiten angepasst.